Wo Hund Philo zu Hause ist – So leben die Eremitinnen in Siegburg

Es bellt, als wir an die Klingel neben der Klostertür drücken. Gleich drei Mal. "Ein Klosterhund" freuen wir uns. Die Einsiedelei liegt etwas abgelegen und einsam unterhalb der Wahnbachtalsperre in Seligenthal. Dann hören wir die drei Eremitinnen, die in dem ehemaligen Pfarrhaus in Siegburg wohnen, die Treppen nach unten laufen. Schwester Antonia Sondermann öffnet und winkt uns freundlich hinein. Der Klosterhund, der Philo heißt, was "Freund" bedeutet, wie wir gleich erfahren, beschnuppert uns erst einmal. Wir gehen ins Sprechzimmer. Auf dem Tisch stehen Kaffee und selbst gebackene Kekse. Die drei Ordensfrauen setzen sich. Alle tragen ihren Habit samt Schleier. "Wir sind Karmelitinnen, daher ist unser Ordenskleid dunkelbraun", erklärt die 62-jährige Schwester Maria Magdalena Höppener, die die älteste der Gemeinschaft ist. Früher einmal lebten in dem Haus Franziskaner - bis 1802, ergänzt sie. Hund Philo legt sich auf den freien Stuhl neben sie und spitzt die Ohren. Er lässt sich von Schwester Antonia kraulen, die nun berichtet, wie es dazu kam, dass sie und Schwester Maria Magdalena im Jahr 2019 hierhergezogen und eine Einsiedelei gegründet habe.
Noch vor wenigen Jahren gehörten die beiden nämlich zu den Unbeschuhten Karmelitinnen in Köln und lebten in dem dortigen Kloster. Beide traten recht jung in die Gemeinschaft ein, um ein geistliches Leben mit viel Gebet und in Stille zu führen. Doch mit den Jahren im Kloster haben sie gemerkt, dass es Änderungen im Ordensalltag braucht, um die Lebensform zukunftsfähig zu erhalten, führt Schwester Antonia aus. Normalerweise versprechen Karmelitinnen bei ihrem Eintritt in ein Kloster, ihr ganzes Leben lang dort zu bleiben. Deshalb habe es Mut gekostet, nach über 20 Jahren aus der Kölner Gemeinschaft weg zu gehen und zu den beschuhten Karmelitinnen überzutreten, um dies realisieren zu können, sagt die Ordensfrau. Hier in ihrem Karmel führen die Schwestern ein bewusst kontemplatives Lebens, dass mit ihrer Berufstätigkeit verbunden ist. Erst nach intensiver Suche haben die beiden Karmelitinnen damals die alte Franziskanerkirche in Seligenthal bei Siegburg entdeckt. "Diese Kirche ist wunderschön", ergänzt Schwester Maria Magdalena. In Absprache mit dem Kölner Erzbischof und mit der Kirchengemeinde durften die beiden dann in das alte Pfarrhaus nebendran einziehen.

Der Karmel St. Elia in Seligenthal bei Siegburg. Gleich neben dem Haus ist die Klosterkirche St. Antonius, in der die drei Karmelitinnen jeden Tag beten.
"Wir müssen und wollen uns unseren Lebensunterhalt selbst verdienen", erklärt Schwester Antonia. Die 52-Jährige ist habilitierte Theologin und arbeitet in Köln im diözesanen Offizialat als Ehebandverteidigerin und Vernehmungsrichterin sowie als Dozentin am Erzbischöflichen Diakoneninstitut. Außerdem kennt sich die Ordensfrau gut im Ordensrecht aus. Dies war ein Vorteil, als sich die beiden Karmelitinnen nach ihrem Ordensübertritt neu orientierten. "Wir mussten auch kirchenrechtliche Fragen klären", berichten die beiden, "denn wir wollten unser geistliches Leben ja fortsetzen." Auf einer Reise in die USA lernte Schwester Antonia dann in Chester in New Jersey die "Hermits of our Lady of mount Carmel", die Karmeleremitinnen, kennen. "Da wussten wir, dass wir das genauso leben wollten", blickt sie zurück. Die beiden Schwestern wechselten daraufhin den Ordenszweig und wurden "Beschuhte Karmelitinnen" und gründeten im Januar 2019 den Karmel St. Elia in Seligenthal bei Siegburg als Tochterniederlassung von Chester. Hier in ihrer Einsiedelei fühlen sich die beiden Ordensfrauen nun endlich angekommen.
"Uns war es wichtig, dass wir uns selbst versorgen und damit finanzielle Rücklagen zu bilden", sagt Schwester Maria Magdalena, die als Klinikseelsorgerin in Troisdorf arbeitet. Die beiden sind froh, dass vor eineinhalb Jahren noch eine weitere Mitbewohnerin zu ihnen gestoßen ist. Das ist Ira Jansen. Die 40-Jährige ist ausgebildete Buchhändlerin und arbeitet in Teilzeit im Prüfungsamt der Katholischen Hochschule in Köln. Als sie diese Frauengemeinschaft kennenlernte, war sie fasziniert von dem Choralgesang, erinnert sie sich. Ein kontemplatives Leben zu führen und gleichzeitig beruflich auf eigenen Beinen zu stehen, war genau das, was sie wollte. Auch die Freiheit des kontemplativen Lebens habe sie angesprochen. Jede Schwester sorge für sich selbst, das erfordere auch Disziplin, sagt sie lachend. In diesem Jahr hat sie ihr Noviziat begonnen. Mit der Einkleidung hat sie gleichzeitig den Ordensnamen "Schwester Hannah Maria" erhalten und trägt seitdem zu ihrem dunkelbraunen Habit einen weißen Schleier.
Im Haus hat jede Schwester eine eigene kleine Einsiedelei
Obwohl die Schwestern ein streng kontemplatives Leben nach der Ordensregel des Heiligen Albertus von Jerusalem führen, einer Regel, die er für Eremiten in Gemeinschaft schrieb, soll jede ihrem eigenen Beruf nachgehen können. "Das erdet einen, weil wir so den Alltag der Menschen mitbekommen", meint Schwester Hannah Maria. Es stärke auch ihr geistliches Leben in Gemeinschaft und bereichere das Gebet. Im Kloster St. Elia in Siegburg gibt es oben im Haus für jede Schwester eine eigene kleine Einsiedelei mit einem Schlafbereich, ein Oratorium samt Tabernakel und dazu eine kleine Küche und einen Arbeitsraum. Der Raum für die Rekreation im unteren Stockwerk dient allen sowohl als Kapitelsaal als auch als Sprechzimmer. Dass jede Schwester einen eigenen Lebensbereich für sich hat, ist den drei Karmelitinnen wichtig. Es brauche den Raum der Einsamkeit, um das eigene geistliche Leben pflegen zu können, denn wie die Wüstenväter sagten: "Die Zelle wird dich alles lehren. Da bin ich allein mit Gott", führt Schwester Maria Magdalena aus. "Wir leben hier als Eremitinnen in Gemeinschaft, wie es typisch ist für die Ursprünge unseres Ordens", ergänzt Schwester Antonia. "Sonntags essen und beten wir aber gemeinsam."
Und die drei Einsiedlerinnen feiern täglich die heilige Messe in der Klosterkirche St. Antonius. "Die Eucharistie ist unsere Mitte", betonten die drei wie aus einem Mund. Die Karmelitinnen sind froh darüber, dass sie eine Gruppe von Priestern dabei in großzügiger Weise unterstützt und mit ihnen Gottesdienst feiert. "Das ist ein Riesengeschenk für uns", sagt Schwester Hannah Maria. Auch die Menschen aus der Kirchengemeinde sind zu den Gebetszeiten und öffentlichen Gottesdiensten eingeladen. Und selbstverständlich ist Hund Philo immer in der Kirche der Karmelitinnen dabei. Er sitzt dann brav in seiner Hundebox, während die Schwestern beten und gregorianischen Choral singen. "Ab und zu rührt er sich aber schon", lacht Schwester Antonia.

Die drei Eremitinnen von Seligenthal bei Siegburg leben in Gemeinschaft und gehören dem Orden der "Beschuhten Karmelitinnen" an. Klosterhund Philo ist immer mit dabei.
Der Klosterhund heißt Philo von der Emsmühle und ist nach dem jüdischen Philosophen und Theologen Philon von Alexandrien benannt, drei Jahre alt und ein Irish Terrier-Rüde. Er bringe viel Lebendigkeit in die Gemeinschaft, erzählen die drei Eremitinnen. "Außerdem bin ich mit ihm täglich in der Natur unterwegs", berichtet Schwester Antonia. Ab und zu bekommt Philo zu seinem normalen Futter auch selbstgebackene Hundekekse sowie Brokkoli und Kohlrabi. Die drei Eremitinnen ernähren sich vegan, ohne tierische Produkte. "Das ist unser Beitrag für die Schöpfung", erklärt Schwester Maria Magdalena.
Die Ordensfrauen hoffen, dass sich weitere Frauen für ihre Lebensform interessieren. Im Haus gibt es auch einen Gästebereich für Interessentinnen. "Es geht weiter", sind sich die drei sicher, auch wenn die Frauen immer wieder vor finanziellen Herausforderungen stehen, wie sie berichten. "Wir sind froh, wenn uns jemand unterstützt", sagt Schwester Antonia.
Und wenn der Karmel St. Elia vielleicht doch einmal zu klein werden sollte, weil hier noch mehr Schwestern in der Gemeinschaft leben wollten, dann würden sich wieder neue Fragen stellen, merkt sie an. "Aber noch haben wir Zimmer frei", ergänzt Schwester Maria Magdalena. Hund Philo wartet nun an der Tür. Er weiß, dass die Karmelitinnen gleich zum Gottesdienst in die Kirche gehen. "Das Choralsingen ist unser Charisma", sagt Schwester Maria Magdalena. Dann ziehen sich die drei ihren weißen Chormantel über. Beim Gottesdienst erklingen ihre Stimmen stark und hell im Kirchenraum. Eine Dankbarkeit ist spürbar – auf den Gesichtern der drei Frauen.
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