Gemeinsam mit dem Apostel Thomas den Glauben wagen
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Eine Woche nach Ostern, zum Abschluss der Osteroktav, begegnet den Leserinnen und Lesern im heutigen Tagesevangelium der als ungläubig verschriene Thomas. Das Evangelium erzählt die erste Erscheinung des Auferstandenen vor den Jüngern – vorher erscheint Jesus bei Johannes nur Maria Magdalena. Das geschieht im heutigen Evangelium: Die Jünger sind gemeinsam in einem abgeschlossenen Raum versammelt und Jesus erscheint ihnen dort. Der Einzige, der aus dem Jüngerkreis fehlt und diese wichtige Begegnung verpasst, ist Thomas. Ihm berichten die Anderen zwar, dass sie den auferstandenen Jesus getroffen haben, aber Thomas kann es nicht glauben.
Er artikuliert seine Zweifel, ob das wirklich der Jesus gewesen sein kann, der da vor ein paar Tagen so grausam am Kreuz ermordet wurde und den er und die Anderen für den Messias, den Sohn Gottes gehalten haben. Beides symbolisiert durch den Wunsch, die Male an Händen und Füßen, die Zeichen des Kreuzestodes, und die Seitenwunde, aus der Blut und Wasser als Zeichen dafür flossen, dass Jesus der Sohn Gottes ist. Wenn er das an dem sehen und berühren könnte, an dem, der da erschienen ist, dann erst wäre die Identität Jesu gesichert, und ein Glaube an die Auferstehung möglich. Damit präsentiert der Evangelist in der Person des Thomas die große Herausforderung aller christlicher Generationen nach den Zwölfen:
Wie kann der Glaube an den Auferstandenen Jesus als den Christus möglich sein, ohne dass wir mit ihm in Galiläa unterwegs waren, ihn in Jerusalem haben leiden und sterben sehen und dann nach seinem Tod ihm, der die Wunden der Kreuzigung trug, begegnet sind? Eben nicht nur der Thomas des heutigen Evangeliums steht vor dieser Herausforderung, sondern wir alle. Der Evangelist Johannes beantwortet diese Frage zweigeteilt:
Zum einen bekräftigt er die Glaubwürdigkeit des Zeugnisses durch die Jünger, die eben all das mit eigenen Augen gesehen haben, die Jesus begegnet sind und davon vertrauenswürdig erzählen. Thomas hätte sich verlassen können auf das Zeugnis der Jünger, Jesus selbst bestätigt es 8 Tage später. Und Johannes selbst beendet die Erzählung mit dem Hinweis darauf, dass er diese Erlebnisse aufgeschrieben hat, um den Leserinnen und Lesern seines Evangeliums das glaubwürdige Zeugnis weiter zu geben und ihnen den Glauben zu ermöglichen.
Zum anderen bleibt der letzte Grund und Garant des Glaubens an die Auferstehung Jesu die Begegnung mit dem Auferstandenen selbst: Thomas glaubt nicht allein aufgrund der Zeugnisse seiner Mit-Jünger, sondern bekennt Jesus ganz persönlich als "mein[en] Herr[en] und mein[en] Gott" erst in der Begegnung mit ihm selbst. Trotz aller sorgsam überlieferten und vertrauenswürdigen Zeugnisse der Christen vor uns, bleibt es die ganz persönliche Begegnung mit dem Auferstandenen, die den österlichen Glauben ermöglicht.
Aus dem Evangelium nach Johannes (Joh 20,19–31)
Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden bei verschlossenen Türen beisammen waren, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen.
Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sagte zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten.
Thomas, der Dídymus genannt wurde, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in das Mal der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.
Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder drinnen versammelt und Thomas war dabei. Da kam Jesus bei verschlossenen Türen, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger hierher aus und sieh meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete und sagte zu ihm: Mein Herr und mein Gott! Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.
Noch viele andere Zeichen hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind. Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben Leben habt in seinem Namen.
Die Autorin
Schwester Jakoba Zöll ist Olper Franziskanerin. Sie arbeitet an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte und schreibt an ihrer Promotion.
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