Pater Philipp König über das Sonntagsevangelium

Ein Netz voller Fische

Veröffentlicht am 03.05.2025 um 12:00 Uhr – Lesedauer: 
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Vechta ‐ Ostern ist keine fest zementierte Antwort. Für Pater Philipp König zeigt sich deshalb: Ostern bewegt – es ruft heraus aus Resignation und Leere hin zu neuer Hoffnung. Ein Vermächtnis, das auch in der letzten Predigt von Papst Franziskus aufleuchtet.

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"Ostern lässt uns in Bewegung geraten, es bringt uns zum Laufen", so ließ Papst Franziskus in seiner Predigt am Ostersonntag, die er aufgrund seiner Gebrechlichkeit schon nicht mehr selbst halten konnte, verlesen. Es sollte seine letzte Predigt sein, da er einen Tag später, am Ostermontag, verstarb. Ostern ist in der Tat keine fest zementierte und starre Antwort, sondern vielmehr ein dynamischer Weg, der oft holprig ist und unser normales Denken unterbricht (Anne Kurz). Dies sehen wir auch im heutigen Evangelium vom dritten Ostersonntag. Da scheinen die Jünger nach Jesu Tod voller Resignation, als habe für sie alles überhaupt keinen Sinn mehr: "Ich gehe fischen", sagt Petrus in planloser Beliebigkeit. "Wir kommen auch mit", antworten die anderen, ganz so als fiele ihnen auch nichts besseres ein. Wenn eh alles vergeblich war, dann tun sie eben einfach wieder das, was sie halt immer schon gemacht haben.

"Habt ihr nichts zu essen?": Ein väterlich-mütterlicher Jesus!

Sie gehen also wieder ihrem alten Beruf nach und fahren auf den See von Tiberias, doch all ihr Mühen bleibt vergebens. Selbst zur günstigsten Fischzeit, in der Nacht, fangen sie nichts. Da steht plötzlich ein Fremder (Jesus!) am Ufer, der zu ihnen sagt: "Meine Kinder, habt ihr nicht etwas zu essen?" (wörtlich: "Habt ihr Frühstück?") Mich fasziniert, wie Jesus die Jünger "seine Kinder" nennt und sich um ihr leibliches Wohl sorgt, wie Eltern es gewöhnlich bei ihren Kindern tun. So wie ein liebevoller Vater oder eine liebevolle Mutter sagt: "Kinder, habt ihr denn gar nichts zu essen?" Deutlich leuchten hier im Antlitz des auferstandenen Christus die Züge Gottes, des Vaters, auf.

Die Antwort der Jünger ist so kurz wie ernüchternd: "Nein." Fast peinlich berührt müssen sie anerkennen, dass sie nichts haben, wovon sie satt werden können. Doch genau dieses Eingeständnis ist für Johannes Bours entscheidend. Er lässt Jesus sagen: "Meine Kinder, habt doch den Mut, einzugestehen, dass ihr von euch her nicht leben könnt, dass euer Netz leergeblieben ist! (…) Meine Kinder, ich lasse euch doch nicht ohne Brot, ohne das Leben! Ich, Vater, Mutter, Bruder!" (Johannes Bours: Da fragte Jesus ihn, Freiburg 1983, S. 201, hier leicht abgewandelt)

Ein Déjà-vu am See: Jesus überrascht (wieder)!

Nun geschieht etwas Unerwartetes: Der vermeintliche Fremde weist sie an, das Netz noch einmal auszuwerfen (diesmal auf der rechten Seite), ausgerechnet am hellen Morgen. Sie tun es und können das Netz nicht wieder einholen, so voller Fische ist es. Schon einmal hatten die Jünger an demselben See eine ganz ähnliche Erfahrung gemacht: Es war der wunderbare Fischfang ganz am Anfang, ihr Berufungserlebnis (Lk 5,1-11). Trotz aller Anklänge an damals erkennen sie erst jetzt angesichts der Menge Fische, dass sie es bei dem Fremden mit Jesus zu tun haben. Als erstes dämmert es dem Lieblingsjünger, der sagt: "Es ist der Herr." Daraufhin bekleidet sich Petrus mit einem Gewand - ein Zeichen für seine menschliche Würde, an die er sich in diesem Augenblick wieder erinnert - und springt in den See. Mutig wagt er es, sich ins Wasser zu stürzen, das bis dahin dämonisches Element des verschlingenden Todes war, ihm aber nun, da er dem lebendigen Christus begegnet ist, nichts mehr anhaben kann.

Ihr Netz, das diesmal nicht zerreißt (ein Bild für die Einheit der Kirche!), enthält eine riesige Menge Fische: 153 an der Zahl! Vielleicht soll diese Zahl symbolisch für alle damals bekannten Völker der Erde stehen, welche die Apostel als "Menschenfischer" für Jesus "an Land ziehen" sollten. Am Ufer angekommen sehen sie schließlich, dass Jesus bereits etwas für sie vorbereitet hat: Brot und Fisch auf einem Kohlenfeuer. Nun können auch sie ihren Beitrag leisten und den Fisch, den sie gefangen haben, herbeibringen. Das Brot weist schon auf die Eucharistie hin, in der wir Jesu bleibende Gegenwart bis auf den heutigen Tag verkosten dürfen. Nicht umsonst steht hier im Griechischen immer Präsens: "Jesus tritt heran, nimmt das Brot und gibt es ihnen."

Noch ein Déjà-vu: Drei Fragen am Feuer

Nach dem Frühstück rückt Petrus wieder in den Fokus. Dreimal fragt ihn Jesus, ähnlich wie bei einem feierlichen Eid, ob er ihn liebt. Schon einmal ist Petrus dreimal nach seiner Beziehung zu Jesus gefragt worden, damals nach Jesu Verhaftung, draußen vor dem Hof des Hohenpriesters, während drinnen das Verhör Jesu in vollem Gange war. Dreimal wurde er gefragt, ob er nicht auch einer von Jesu Jüngern sei, und dreimal leugnete er, ihn überhaupt zu kennen. Dies war wohl der schwächste und beschämendste Moment für den sonst so wortstarken ersten Jünger. Auch damals brannte ein Feuer. Jetzt ist es Jesus persönlich, der ihm direkt die alles entscheidenden Frage stellt: "Liebst du mich?" Wir können nur mutmaßen, wie Petrus diese Frage durch Mark und Bein gegangen sein mag. Er wurde traurig, denn natürlich stand offenkundig im Raum, was passiert war, wie Petrus den Herrn verleugnet und im Stich gelassen hatte. Doch Jesus steht zu der Zusage, die er einmal gegeben hat, und überträgt ihm die wohl wichtigste Aufgabe, nämlich die Hirtensorge für seine Schafe. Dies geschieht im vollen Bewusstsein der Schwäche und des Versagens von Petrus. Der "Gescheiterte" ist der "Apostelfürst" und er bleibt es. Es zählen allein die Liebe zum Herrn und die Berufung und Erwählung durch ihn! Ist es womöglich genau diese Spannung, die Petrus in besonderer Weise für seine Aufgabe qualifiziert? Vielleicht ist dies ein guter Gegenstand zur Betrachtung beim Gebet für den nächsten Papst, jetzt angesichts des bevorstehenden Konklave in Rom.

Zum Schluss noch einmal der verstorbene Papst Franziskus in seiner "be-wegenden" letzten Osterpredigt:"Das ist die Osterbotschaft: Man muss Christus woanders suchen. Er ist auferstanden, er lebt! Er ist nicht mehr ein Gefangener des Todes, er ist nicht mehr in das Leichentuch gehüllt und deshalb können wir ihn nicht in eine schöne Geschichte einschließen (...)! Im Gegenteil, wir müssen ihn suchen und daher dürfen wir nicht stehen bleiben. Wir müssen uns in Bewegung setzen, hinausgehen und ihn suchen: ihn in unserem Leben suchen, ihn in den Gesichtern unserer Brüder und Schwestern suchen, ihn in unserem Alltag suchen, ihn überall suchen, außer in jenem Grab. (...) Wie Maria von Magdala können wir jeden Tag die Erfahrung machen, den Herrn zu verlieren, aber wir können auch jeden Tag loslaufen, um ihn wieder zu suchen, in der Gewissheit, dass er sich finden lässt und uns mit dem Licht seiner Auferstehung erleuchtet."

Aus dem Evangelium nach Lukas (Joh 21,1-19)

In jener Zeit offenbarte sich Jesus den Jüngern noch einmal, am See von Tiberias, und er offenbarte sich in folgender Weise.

Simon Petrus, Thomas, genannt Didymus, Natanael aus Kana in Galiläa, die Söhne des Zebedäus und zwei andere von seinen Jüngern waren zusammen. Simon Petrus sagte zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sagten zu ihm: Wir kommen auch mit. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot. Aber in dieser Nacht fingen sie nichts. Als es schon Morgen wurde, stand Jesus am Ufer. Doch die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war.

Jesus sagte zu ihnen: Meine Kinder, habt ihr keinen Fisch zu essen? Sie antworteten ihm: Nein. Er aber sagte zu ihnen: Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus und ihr werdet etwas finden. Sie warfen das Netz aus und konnten es nicht wieder einholen, so voller Fische war es.

Da sagte der Jünger, den Jesus liebte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte, dass es der Herr sei, gürtete er sich das Obergewand um, weil er nackt war, und sprang in den See.

Dann kamen die anderen Jünger mit dem Boot – sie waren nämlich nicht weit vom Land entfernt, nur etwa zweihundert Ellen – und zogen das Netz mit den Fischen hinter sich her.

Als sie an Land gingen, sahen sie am Boden ein Kohlenfeuer und darauf Fisch und Brot liegen. Jesus sagte zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr gerade gefangen habt! Da stieg Simon Petrus ans Ufer und zog das Netz an Land. Es war mit hundertdreiundfünfzig großen Fischen gefüllt, und obwohl es so viele waren, zerriss das Netz nicht.

Jesus sagte zu ihnen: Kommt her und esst! Keiner von den Jüngern wagte ihn zu befragen: Wer bist du? Denn sie wussten, dass es der Herr war. Jesus trat heran, nahm das Brot und gab es ihnen, ebenso den Fisch.

Dies war schon das dritte Mal, dass Jesus sich den Jüngern offenbarte, seit er von den Toten auferstanden war.

Als sie gegessen hatten, sagte Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Lämmer!

Zum zweiten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe!

Zum dritten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Da wurde Petrus traurig, weil Jesus ihn zum dritten Mal gefragt hatte: Liebst du mich? Er gab ihm zur Antwort: Herr, du weißt alles; du weist, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe!

Amen, amen, ich sage dir: Als du jünger warst, hast du dich selbst gegürtet und gingst, wohin du wolltest. Wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst.

Das sagte Jesus, um anzudeuten, durch welchen Tod er Gott verherrlichen werde. Nach diesen Worten sagte er zu ihm: Folge mir nach!

Der Autor

P. Philipp König ist Dominikaner und unterrichtet derzeit am ordenseigenen Gymnasium in Vechta die Fächer Französisch, Latein und Religion.

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