Kurienkardinal über Beratungen liberaler Bischofsgruppe

Kardinal Kasper: Wahl von Franziskus kein Werk der "St. Galler Mafia"

Veröffentlicht am 05.05.2025 um 11:52 Uhr – Lesedauer: 

Zürich ‐ Hat bei der Wahl von Jorge Mario Bergoglio zum Papst eine Gruppe liberaler Bischöfe die Strippen gezogen? Die angebliche "St. Galler Mafia" ist geheimnisumwittert. Doch verantwortlich für die Wahl war ein anderer, verrät nun Kardinal Kasper.

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Kurienkardinal Walter Kasper weist Absprachen der als "St. Galler Mafia" bekannten Interessengruppe zur Wahl von Papst Franziskus zurück. Die Gesprächsgruppe liberaler Bischöfe habe nach der Wahl von Papst Benedikt XVI. 2005 gar nicht mehr existiert, sagte der Kardinal gegenüber der Schweizer Sonntagszeitung "Blick". "Die 'St. Galler Mafia' ist eine Erfindung von Journalisten aufgrund einer launigen Bemerkung von Kardinal Godfried Danneels von Mecheln-Brüssel", so Kasper. "Wir haben uns über unsere pastoralen Erfahrungen und Probleme und die Situation der Kirche ausgetauscht – nie aber darüber, wer der künftige Papst sein soll."

Die Existenz der St. Galler Gruppe wurde 2015 durch eine Biographie des Brüsseler Kardinals Godfried Danneels bekannt, der zu der Gruppe gehörte, die sich seit 1996 auf Initiative des mittlerweile verstorbenen Erzbischofs von Mailand, Kardinal Carlo Martini, jährlich im Schweizer St. Gallen traf. Etwa 45 liberal orientierte Bischöfe sollen dazugehören. 

Der Kreis habe sich zwar aufgelöst, einzelne Mitglieder hätten sich jedoch nach der von Kasper als "Ruck-Rede" bezeichneten Intervention von Kardinal Jorge Mario Bergoglio im Vor-Konklave getroffen und die Wahl Bergoglios, des späteren Papstes Franziskus, erörtert: "Dass es dann im Konklave zur notwendigen Zweidrittelmehrheit für ihn kam, war nicht das Werk einer relativ kleinen 'Mafia', sondern das Werk des Heiligen Geistes."

Bisher noch keine programmatische Ruck-Rede im Vor-Konklave

Bei den aktuell stattfindenden Beratungen der Kardinäle vor dem Konklave habe es noch keinen Beitrag gegeben wie damals durch Bergoglio: "Bislang gab es keine revolutionäre Rede, sondern differenzierte Stellungnahmen. Sie gingen in die eine oder andere Richtung." Nach Kaspers Ansicht werde das Pontifikat von Franziskus eher hinsichtlich seines Stils unterschiedlich bewertet, nicht hinsichtlich seines Inhalts: "Nach meinem Eindruck wollen die meisten Kardinäle Franziskus' Weg weitergehen."

Um die St. Galler Gruppe ranken sich viele Legenden. Angeblich habe sie schon 2005 versucht, Bergoglio zum Papst zu machen. Ihr wurde auch vorgeworfen, das Pontifikat von Benedikt XVI. (2005–2013) torpediert zu haben. Der ehemalige Privatsekretär von Papst Benedikt, Georg Gänswein, hatte in der Vergangenheit von Richtungskämpfen zwischen einer "Salz-der-Erde-Partei" und der St. Galler Gruppe vor der Wahl von Benedikt berichtet. (fxn)