Handreichung zu Segensfeiern: Was in dem Text steht – und was nicht

Es ist erst zwei Jahre her – und doch war es kirchlich gesehen beinahe eine andere Zeit, in der die Synodalversammlung den Handlungstext "Segensfeiern für Paare, die sich lieben" verabschiedet hat. Bei der fünften Synodalversammlung im März 2023 stimmten über 92 Prozent der Delegierten für den Text. Dessen Kerninhalt: In Deutschland sollen liturgische Segensfeiern für Paare eingeführt werden, die nicht kirchlich heiraten wollen oder können – etwa, weil die Partner das gleiche Geschlecht haben oder weil sie zivil bereits geschieden und wiederverheiratet sind. Dazu wurde auch eine liturgische Handreichung beauftragt. Lehramtlich gesehen ein heikles Anliegen.
"Ein Segen für all diese Partnerschaften ist offiziell nicht vorgesehen", heißt es im Handlungstext des Synodalen Wegs. Die Autorinnen und Autoren beziehen sich dabei auf die 2021 von der damaligen Glaubenskongregation veröffentlichte schriftliche Note zur Frage, ob die Kirche die Vollmacht habe, Verbindungen gleichen Geschlechts zu segnen. Die klare Antwort: Nein. Die Entscheidung, Paare doch zu segnen, träfen die Seelsorgenden daher "aus ihrer pastoralen Verantwortung heraus, aber in vielen Fällen im Konflikt zu lehramtlichen Vorgaben", schrieben daher die Autorinnen und Autoren des Synodalen Wegs.
Ein Dokument, das für Aufregung sorgte
Mit dem Paukenschlag, der am 18. Dezember 2023 erfolgen sollte, konnte dabei noch niemand rechnen. In "Fiducia supplicans" erklärte Glaubenspräfekt Kardinal Víctor Manuel Fernández – mit ausdrücklicher Genehmigung von Papst Franziskus – auch Paare in "irregulären Situationen" könnten gesegnet werden. Ein Dokument, das nicht nur in der katholischen Welt für Aufregung gesorgt hat.
Gleich mehrfach aufgegriffen wird "Fiducia supplicans" auch in der Ende April von der Gemeinsamen Konferenz aus Deutscher Bischofskonferenz (DBK) und Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) veröffentlichten Handreichung mit dem Titel "Segen gibt der Liebe Kraft". Die Gemeinsame Konferenz ist ein Gesprächsgremium von Bischöfen und Laien, dem unter anderem zehn Bischöfe angehören. Der von ihnen verabschiedete Text versteht sich als Antwort auf den Handlungstext des Synodalen Wegs und will "Hinweise für die Praxis" von Seelsorgerinnen und Seelsorgern liefern. Rechtlich verbindlich ist er nicht.
Das Handlungspapier im Wortlaut
Das Handlungspapier "Segen gibt der Liebe Kraft" der Gemeinsamen Konferenz aus Deutscher Bischofskonferenz (DBK) und Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) kann auf der Website des Synodalen Wegs im Wortlaut heruntergeladen werden.
Auf den vier Seiten des Dokuments werden dazu – neben theologischen Grundlagen – 14 Stichpunkte genannt. Geweihte Amtsträger sollen die Segnungen etwa genauso vornehmen können wie Menschen mit bischöflicher Beauftragung. Dazu soll es Fortbildungen geben. Allen, die um einen Segen bitten, soll mit einer wertschätzenden Haltung begegnet werden. Seelsorgende, die einen solchen Segen nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren können oder unsicher sind, sollen Paare an unterstützende Personen vermitteln. Auch vor der Veröffentlichung der Handreichung dürften diese Hinweise vielerorts bereits so umgesetzt worden sein – und finden sich ähnlich auch im Beschlusstext des Synodalen Wegs.
Überraschender klingt da schon der siebte Punkt der Handreichung: "Die Segnungen von Paaren, die sich lieben, können und sollen sich durch eine größere Spontaneität und Freiheit im Blick auf die Lebenssituation derjenigen auszeichnen, die um den Segen bitten", heißt es dort. "Aus diesem Grund sind für die Segnungen keine approbierten liturgischen Feiern und Gebete vorgesehen."
Konkrete Formularvorschläge fehlen
Damit werden – "Fiducia supplicans" entsprechend – die Anforderungen des Synodalen Wegs nur teilweise erfüllt. Denn dieser hatte zusätzlich zu den pastoralpraktischen Hinweisen und einer pastoral-theologischen Einführung konkrete Formularvorschläge für Segensfeiern für verschiedene Paarsituationen gefordert. Solche sind in der nun veröffentlichten Handreichung aber nicht enthalten. Zur Gestaltung der Segensfeiern gibt es lediglich einige Vorgaben.
So sollen die "Art und Weise der Leitung der Segnung, der Ort, die gesamte Ästhetik, Musik und Gesang" von der "Wertschätzung der Menschen, die um Segen bitten, von ihrem Miteinander und ihrem Glauben künden". Passende Bibelstellen sollten rezitiert und gegebenenfalls ausgelegt werden, die Mitfeiernden gemeinsam mit dem Leiter beten und singen. Die Segnungen bedürften "gemeinsamer Überlegungen", um auch die Wünsche und Anliegen des Paares aufzunehmen. "Die größere Spontaneität und Freiheit dieser Segnungen sollen sich mit Sorgfalt in der Vorbereitung verbinden."

Die Handreichung der Gemeinsamen Konferenz aus DBK und ZdK entspricht nicht in allen Punkten dem Antrag des Synodalen Wegs – auch, um nicht gegen "Fiducia supplicans" zu verstoßen.
Hier lässt sich durchaus ein Unterschied zu "Fiducia supplicans" ausmachen: In einer Pressemitteilung erklärte Kardinal Fernández am 4 Januar 2024 noch einmal, wie er sich die Segnungen vorstellt: als "eine Angelegenheit von 10 oder 15 Sekunden". Der Glaubenspräfekt führt als Beispiel ein wiederverheiratetes Paar an, das in einer schwierigen Lebenssituation an einer Wallfahrt teilnimmt und dort einen Priester spontan um den Segen bittet, den dieser unmittelbar erteilt. Von sorgfältiger Vorbereitung und gemeinsamen Überlegungen von Seelsorger und Paar ist dort nicht die Rede. Mit "Fiducia supplicans" seien Bischöfe keineswegs befugt, "Segnungen vorzuschlagen oder zu erteilen, die einer liturgischen Feier ähneln könnten", betonte der Glaubenspräfekt. Auch die Handreichung der Gemeinsamen Konferenz von DBK und ZdK warnt vor der Verwechslungsgefahr: "Die Segnungen sollen so gestaltet sein, dass es zu keiner Verwechslung mit der gottesdienstlichen Feier des Ehesakraments kommt."
Ein bemerkenswertes Detail wurde bei der vierten Sitzung des Synodalen Ausschusses in Magdeburg am vergangenen Wochenende deutlich – und erklärt auch, warum die Veröffentlichung dieses Textes so lange gedauert haben dürfte: Der Text wurde frühzeitig im Dikasterium für die Glaubenslehre angekündigt und vorgestellt. Die Rückmeldungen von Kardinal Fernández wurden anschließend in den Text eingearbeitet. Dass es diese vatikanische Überarbeitungsschleife im Vorfeld gab, betonten die beiden Vorsitzenden der Kommission zur "Evaluation und Monitoring der Umsetzung der Beschlüsse des Synodalen Weges", Bischof Franz Jung und Birgit Mock. Und nicht nur das: Mehrfach wurde der Text laut Kommission im Ständigen Rat der Bischöfe beraten. Auch hier wurden Anmerkungen eingearbeitet und etwa der Einklang zwischen der Handreichung und "Fiducia supplicans" verdeutlicht. Auch im Kreise der Diözesanbischöfe sei der Text schließlich gebilligt worden. Durch die Rückbindung an den Ständigen Rat und den Vatikan dürften die Verantwortlichen schon im Vorfeld versucht haben, kritische Rückmeldungen einzuarbeiten, damit diese nicht erst nach der Veröffentlichung laut werden.
Liturgische Entwürfe gibt es bereits
Insgesamt befindet sich die Handreichung in der schwierigen Situation, auf der einen Seite den engen vatikanischen Segnungsvorgaben zu entsprechen und auf der anderen Seite den Bedürfnissen von Paaren zu begegnen, die sich einen Segen durch die Kirche wünschen. So äußerte die Reforminitiative "OutInChurch" umgehend Kritik an der Handreichung. Diese bleibe hinter dem Beschluss der Synodalversammlung zurück, der ausdrücklich ein liturgisches Manual gefordert habe. "Dass der damalige Beschluss der Synodalversammlung bei der nun verabschiedeten Handreichung zumindest in diesem Punkt ignoriert wird, führt dazu, dass queere Menschen, die um den Segen Gottes für ihre Beziehung bitten, weiterhin diskriminiert werden", lautet das Fazit von "OutInChurch". Obwohl eine Segnung grundsätzlich ermöglicht werde, bleibe sie eine "Segnung zweiter Klasse".
Auch wenn die Gemeinsame Konferenz aus DBK und ZdK kein eigenes Ritual veröffentlicht hat – Vorlagen für solche Segnungsfeiern existieren längst. So veröffentlichte die Arbeitsgemeinschaft für katholische Familienbildung (AKF) im Mai 2023 – also noch vor "Fiducia supplicans" – zwei liturgische Entwürfe für Segensfeiern für Paare in unterschiedlichen Lebenssituationen. Eine offizielle bischöfliche Approbation oder Empfehlung fehlt dieser Arbeitshilfe allerdings.
Am Schluss der eigenen Pressemitteilung wünscht sich "OutInChurch", dass die Handreichung der Gemeinsamen Konferenz eine "Eigendynamik entwickelt, die letztlich sichtbar macht, dass die herkömmliche Lehre keine Akzeptanz mehr findet und geändert werden muss". Angesichts der Praxis, die in vielen Bistümern im Umgang mit solchen Segnungsfeiern bereits gelebt werden dürfte, scheint dieser Wunsch nicht ganz aus der Luft gegriffen zu sein.