Typograph zum Papstgrab: "Beispielhaft für Verschlampung der Sitten"

Der Typograph Erik Spiekermann hätte die Gestaltung der Inschrift auf dem Grab von Papst Franziskus seinen Studenten nicht durchgehen lassen. "Vor zwanzig Jahren wäre ich nach Rom gefahren und hätte protestiert", sagte der Schriftgestalter am Donnerstag der "Zeit". Dem toten Papst seien solche Dinge zwar wohl egal: "Die Inschrift steht allerdings – wenn ich das als älterer Herr mal so sagen darf – beispielhaft für die Verschlampung der Sitten. Uns kommt die Wertschätzung für so viele Tätigkeiten abhanden."
Das Grabmal von Papst Franziskus in der Basilika Santa Maria Maggiore trägt nur die Aufschrift "Franziskus". Die Gestaltung war schon unmittelbar nach der Beerdigung auf Ablehnung gestoßen. Spiekermann sieht wie andere Kritiker grundlegende Regeln der Typographie missachtet: Normalerweise schreibe man so, dass der Bezug der Buchstaben untereinander klar ist und sie verbunden erschienen. "Nun wissen wir zum Glück, wie der Mann geheißen hat. Aber stünde der Name so in einem Telefonbuch, würden wir womöglich Fr. A. Nciscvs lesen und wären verwirrt."
Falsche Bedienung der Fräsmaschine als Ursache?
Der Designer vermutet einen Fehler bei der Programmierung der verwendeten computergesteuerten Fräsmaschine als Ursache. Der Fehler könne bei der Übertragung des Schriftzugs auf die Maschine passiert sein. "Wandelt man die Schriftart nicht in sogenannte Zeichenwege um, lädt die Maschine womöglich stattdessen eine andere Schrift und die ganze Gestaltung ist dahin. Das würde sowohl das falsche Kerning (der Abstandsausgleich zwischen den Buchstaben, Anm. d. Red.) als auch die komische Schriftart erklären", so Spiekermann.
Wahrscheinlich müsse auch der Vatikan sparen und habe einfach die Schriftart "Times New Roman" verwendet, die auf jedem Computer installiert sei. Statt der Standard-Schriftart hätte sich der Typograph für die "Trajan" entschieden, den "Inbegriff der römischen Schrift", die nach der Trajanssäule in Rom benannt ist und der römischen antiken Monumentalschrift nachgebildet ist. Denkbar wäre auch die nach dem Kardinal Pietro Bembo (1470–1547) benannte Schrift, die einer Vorlage aus der Renaissance nachgebildet ist.
Klare Anweisungen von Papst Franziskus für seine Beerdigung
Erik Spiekermann ist Designer, Typograph und Schriftgestalter. Bis zu seiner Emeritierung war er Professor für visuelle Kommunikation an der Universität der Künste in Berlin. Von ihm entwickelte Schrifttypen wie die "FF Meta" und die "ITC Officina" gelten als moderne Klassiker. Zu seinen bekanntesten Projekten gehört das Schriftensystem der Deutschen Bahn.
Papst Franziskus hatte selbst in seinem nach seinem Tod am Ostermontag veröffentlichen Testament verfügt, wie er begraben werden will: ein einfaches Grab unter der Erde mit der Inschrift "Franciscus" in der Basilika Santa Maria Maggiore. Auch den genauen Ort in einer Nische des Seitenschiffs zwischen der Cappella Paolina (Kapelle der Salus Populi Romani) und der Cappella Sforza hatte der Papst verfügt. (fxn)