Wirtschaftsexperte hat von Leo XIV. besseres Bild als vom Vorgänger

Zeitung: Franziskus hinterließ Finanzloch von zwei Milliarden Euro

Veröffentlicht am 12.05.2025 um 16:17 Uhr – Lesedauer: 

Rom ‐ In seinem letzten Lebensjahr hat Papst Franziskus den Vatikan zu mehr Sparsamkeit und kreativem Fundraising aufgefordert. Genützt hat es offenbar wenig: Der neue Papst Leo XIV. startet mit tiefroten Zahlen.

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Keine leichte Aufgabe für den neuen Papst Leo XIV.: Laut einem Bericht der Zeitung "Corriere della Sera" (Montag) hat ihm sein Vorgänger Franziskus ein Finanzloch im Vatikan von rund zwei Milliarden Euro hinterlassen. Dies betreffe besonders den Pensionsfonds. Franziskus hat es laut dem Zeitungsbericht in seiner zwölfjährigen Amtszeit nicht geschafft, die stark defizitären Finanzen des Heiligen Stuhls und des Vatikanstaats zu sanieren.

Die schwierige finanzielle Lage des Vatikans war auch Anfang Mai in den Tagen vor dem Konklave ein wichtiges Thema in den Kardinalsversammlungen im Vatikan. Papst Franziskus hatte in seinem letzten Pontifikatsjahr wiederholt auf das dramatische Defizit des Vatikans hingewiesen. Im September 2024 rief er die Kardinäle in einem Brandbrief zu mehr Sparsamkeit und zu neuen Finanzierungsideen auf. Noch von der Gemelli-Klinik aus ordnete er am 26. Februar die Gründung einer neuen Kommission an, die sich verstärkt um Fundraising für den Vatikan kümmern solle.

Vatikan schon länger ohne Haushalt

Der Vatikan hat seit mehr als zwei Jahren keinen ordentlichen Haushalt mehr veröffentlicht. Anders als andere Staaten hat der Vatikan seit dem 20. Jahrhundert keinen Zugang mehr zum internationalen Kapitalmarkt, um sich dort über Staatsanleihen zu finanzieren.

Die Vatikanbank IOR hat in den vergangenen Jahren stets eine niedrige zweistellige Millionensumme als Dividende an den Heiligen Stuhl abgeführt. Das Institut gilt derzeit als solide, erwirtschaftet aber nicht genug, um die hohen Gehaltskosten und die Pensionskassen für die knapp 5.000 Vatikanangestellten zu decken. Außerdem vergibt sie keine Kredite.

Unklar ist, wie sich die Wahl eines US-Amerikaners zum Papst auf die Spendenbereitschaft der Katholiken in seiner Heimat auswirken wird. Unter den Päpsten Johannes Paul II. und Benedikt XVI. gehörten katholische Bistümer und Laien-Vereinigungen wie die "Knights of Columbus" zu den wichtigsten Finanziers des Vatikans. Unter Franziskus gingen die Beiträge aus den USA spürbar zurück.

Bild: ©Vatican Media/Romano Siciliani/KNA

Der neue Papst Leo XIV. betrachte wirtschaftliche und soziale Herausforderungen nicht nur aus theologischer Perspektive, glaubt der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest.

Unterdessen hat auch der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, Unterschiede zwischen Papst Leo XIV. und dessen Vorgänger Franziskus in Wirtschaftsfragen betont. Der erste US-Amerikaner auf dem Stuhl Petri betrachte wirtschaftliche und soziale Herausforderungen nicht nur aus theologischer Perspektive, sondern denke als Mathematiker und Philosoph auch sehr analytisch, schreibt der Leiter des in München ansässigen Wirtschaftsforschungsinstituts in einem Gastkommentar für die Online-Ausgabe der "Welt" (Montag).

Franziskus sei zwar in seiner Hinwendung zu den Armen und einem bescheidenen Lebensstil vorbildlich gewesen, seine Analysen wirtschaftlicher und sozialer Fragen hätten aber nur teilweise überzeugt. So habe der verstorbene Papst das Gewinnstreben grundsätzlich verteufelt. Das zeuge "von mangelndem Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge".

Finanzexperte erwartet differenzierten Blick

Mit seiner Namenswahl stelle sich der neue Papst in die Tradition der von Papst Leo XIII. grundgelegten katholischen Soziallehre. "Die katholische Soziallehre vertritt sehr differenzierte Positionen zur Ordnung der Wirtschaft", so Fuest. Sie kritisiere zum einen Missstände in Unternehmen wie Ausbeutung und Kinderarbeit. Zugleich verteidige sie das Privateigentum und wende sich gegen zu hohe Steuern.

Fuest erwartet in dieser Tradition von Papst Leo XIV. einen differenzierten Blick auf aktuelle Probleme wie den Klimaschutz. Damit würde seine Stimme über die Kirche hinaus auch in der globalen Debatte über die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft gehört, glaubt der Experte. Als positives Beispiel verwies Fuest darauf, dass Robert Prevost als Kardinal für einen weltweiten CO2-Preis plädiert habe. "Das ist ein Instrument, das Marktkräfte und staatlichen Eingriff gezielt kombiniert, um Klimaschutzziele bestmöglich zu erreichen." (cbr/KNA)