Ein Herzensprojekt seines Vorgängers Franziskus

Nach der Wahl von Leo XIV.: Wie geht es weiter mit der Weltsynode?

Veröffentlicht am 15.05.2025 um 00:01 Uhr – Von Christoph Brüwer – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die Synode zum Thema Synodalität war eines der Großprojekte von Papst Franziskus – und eines, das ihm besonders am Herzen lag. Nach dessen Tod hat nun Papst Leo XIV. das Steuer der katholischen Weltkirche übernommen. Wie wird sich das auf die Weltsynode auswirken?

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"Genau dieser Weg der Synodalität ist das, was Gott sich von der Kirche des dritten Jahrtausends erwartet." Dieser Satz aus der Ansprache zur 50-Jahr-Feier der Errichtung der Bischofssynode ist einer der Sätze, die nahezu programmatisch für das Pontifikat von Papst Franziskus werden sollten. Wie wichtig der weltweite synodale Prozess dem verstorbenen Kirchenoberhaupt war, wird alleine daran deutlich, dass Papst Franziskus selbst als Präsident der Synode fungierte, bei den beiden Sitzungsperioden der Weltsynode mit an den runden Tischen in der Synodalaula saß und noch aus dem Krankenhaus heraus den Reformprozess verlängert hat.

Erst im Oktober 2028 soll es nun eine Generalversammlung geben, die das Projekt zu einem Abschluss bringt. Das sieht der von Franziskus im März genehmigte Zeitplan für die Umsetzungsphase der Weltsynode vor. Nach dem Tod von Papst Franziskus wird diese Generalversammlung wahrscheinlich von seinem Nachfolger Leo XIV. geleitet werden – falls sie überhaupt stattfindet. Denn dass die Weltsynode wie geplant weitergeführt wird, ist kein kirchenrechtlicher Automatismus.

Neuer Papst kann Maßnahmen wieder zurücknehmen

"Was die Weltsynode überlegt hat, was im Schlussdokument steht und was der Papst damit gemacht hat, ist alles Bestandteil des politischen Programms dieses Pontifikats", sagt der emeritierte Freiburger Kirchenrechtler Georg Bier im Hinblick auf den verstorbenen Franziskus. Auch wenn sich aus der Weltsynode kirchenrechtlich verbindliche Maßnahmen ergeben hätten – was bislang nicht passiert ist –, könnten diese von einem neuen Papst ebenso einfach wieder zurückgenommen werden, wie sie eingeführt wurden.

Kardinal Robert Francis Prevost an den Tischen in der Synodalaula
Bild: ©synod/Langarica

Saß mit an den runden Tischen der Synodalaula: der damalige Kardinal Robert Francis Prevost – heute Papst Leo XIV.

Einen harten Bruch kann Bier sich allerdings nicht vorstellen. "Diese Prognose würde ich wagen: Es wird kein Papst kommen und direkt alle synodalen Reformen von Franziskus wieder abschaffen", erklärt der Kanonist. Die jüngere Kirchengeschichte habe gezeigt, dass Päpste bemüht waren, die Kontinuität zu ihren Vorgängern zu betonen. So auch Leo XIV.: Bereits in seiner ersten Ansprache nach seiner Wahl sagte das neue Kirchenoberhaupt von der Benediktionsloggia aus: "Brüder und Schwestern von Rom, von Italien, von der ganzen Welt, lasst uns eine synodale Kirche sein, eine Kirche, die unterwegs ist, eine Kirche, die immer den Frieden sucht, die immer die Nächstenliebe sucht, die immer die Nähe vor allem zu denen sucht, die leiden." Mehrfach betonte Leo XIV. auch in den vergangenen Tagen, er wolle Franziskus' Weg weitergehen.

Prevost Mitglied in zwei von zehn Studiengruppen

Zudem war Kardinal Robert Francis Prevost als Präfekt des Dikasteriums für die Bischöfe Teil der beiden Sitzungen der Weltsynode in Rom. Am Rande der abschließenden Sitzungsperiode war er im Oktober außerdem Redner beim Pastoraltheologischen Forum zur gegenseitigen Beziehung zwischen Ortskirche und Weltkirche. Des Weiteren war er bis zuletzt Mitglied in zwei der zehn Studiengruppen, die einige Themen der Weltsynode weiterberaten sollen.  

Dass der neue Papst sich so klar zur Synodalität bekennt, war im Vorfeld des Konklaves keineswegs abzusehen. Bereits bei den Generalkongregationen in Rom wurde deutlich, dass die Papstwähler dem von Franziskus vorangetriebenen Konzept nicht unkritisch gegenüberstehen. Bei der Diskussion um das Profil eines neuen Papstes wurde unter anderem auch über Ekklesiologie diskutiert. Dabei wurde laut Vatikansprecher Matteo Bruni vorgeschlagen, das Prinzip der Synodalität genauer zu fassen und zu klären, in welcher ergänzenden Beziehung es zum Prinzip der kollegialen Leitung der Kirche durch die Bischöfe steht. Dies hatte das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) stark gemacht.

Schwester Nathalie Becquart, Kardinal Mario Grech und Bischof Luis Marin de San Martin bilden das Generalsekretariat der Bischofssynode
Bild: ©KNA/Francesco Pistilli (Archivbild)

Wandten sich in einem öffentlichen Brief an den neuen Papst: Schwester Nathalie Becquart (l.), Untersekretärin, Kardinal Mario Grech (m.), Generalsekretär, und Bischof Luis Marin de San Martin (r.), Untersekretär des Generalsekretariats der Bischofssynode.

Zwischen den Zeilen lässt sich das durchaus als Kritik an der Reformagenda von Franziskus deuten. Weniger subtil äußerte sich der emeritierte Hongkonger Kardinal und Franziskus-Kritiker Joseph Zen Ze-kiun. In seinem Beitrag zu diesem Thema der Generalkongregation warnte er offenbar davor, die Weltsynode weiterzuführen: "Es geht um Leben oder Tod für die von Jesus gegründete Kirche."

Dass diese Situation kirchenpolitisch nicht unheikel war, lässt sich auch daran erkennen, dass sich das Generalsekretariat der Synode im Vorfeld der Papstwahl bedeckt hielt. Auf eine katholisch.de-Anfrage, wie es mit der Weltsynode nach dem Tod von Franziskus weitergeht, wollten sich die Verantwortlichen nicht äußern. Wenig verwunderlich, denn der Generalsekretär der Synode, Kardinal Mario Grech, und der Generalrelator, Kardinal Jean-Claude Hollerich, waren mit den Vorbereitungen des Konklaves beschäftigt – und wurden zudem selbst als mögliche Kandidaten für das Papstamt gehandelt.

Für eine missionarische synodale Kirche – auch unter Leo XIV.

Mit einem ungewöhnlichen Brief brach das Synodensekretariat nun am Dienstag sein Schweigen: In dem Glückwunschschreiben drückten Kardinal Grech und die Untersekretäre Schwester Nathalie Becquart und Erzbischof Luis Marín de San Martín ihre Freude über die Wahl Leos aus. "Nun, da die Reise unter der Führung Eurer Heiligkeit weitergeht, blicken wir mit Zuversicht auf die Richtungen, die Ihr angeben werdet, um der Kirche zu helfen, als Gemeinschaft zu wachsen", heißt es in dem Brief, der – anders als vatikanische Kommunikation normalerweise – vom Synodensekretariat veröffentlicht wurde. Die Richtung, die angesteuert werden soll, wird dabei klar genannt: eine missionarische synodale Kirche. "Das Generalsekretariat der Synode steht Euch in vollem Umfang zur Verfügung, um seinen Dienst im Geiste der Zusammenarbeit und des Gehorsams anzubieten."

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Die erste weltsynodale Aufgabe für Leo XIV. ist dabei bereits klar umrissen: In seinem "Brief über den Prozess der Begleitung der Umsetzungsphase der Synode" kündigte Kardinal Grech im März an, bis Ende Mai würde ein begleitendes Dokument für diese Umsetzungsphase der Weltsynode veröffentlicht mit "genaueren Angaben zur Methodik und zu den operativen Modalitäten des Weges". Dieses Dokument benötigt die Autorisierung durch den Papst – und könnte damit zu einem ersten Prüfstein werden, inwiefern der neue Papst die Reformagenda seines Vorgängers tatsächlich entschieden weiterführt.

Heiliger Geist dränge auf Erneuerung

Noch entscheidender dürfte der Umgang Leos mit den Ergebnissen der zehn Studiengruppen sein, die Franziskus eingerichtet hat, um theologische Fragen zu klären, die bei der ersten Sitzungsperiode der Weltsynode aufgeworfen wurden. Dabei geht es etwa um die Frage, ob Frauen zu Diakoninnen geweiht werden können aber auch um die Rolle von Bischöfen oder Nuntien. "Die Gruppen sollten ihre Arbeit, falls möglich, bis Ende Juni 2025 beenden", hieß es noch im März 2024. Eine Verzögerung durch das Konklave ist nicht ausgeschlossen. Auch hier stehen dann Richtungsentscheidungen für den neuen Papst an.

Über sein Verständnis von Synodalität sprach der damalige Bischofspräfekt Prevost 2023 in einem Interview mit "Vatican News": "Ich glaube wirklich, dass der Heilige Geist in dieser Zeit in der Kirche sehr präsent ist und uns zu einer Erneuerung drängt", antwortete er auf die Frage nach der Rolle des Bischofs für die Synodalität. "Es geht nicht nur um einen Prozess, es geht nicht nur darum, einige Dinge zu ändern, vielleicht mehr Treffen zu veranstalten, bevor man eine Entscheidung trifft." Es gehe auch nicht darum, eine politische Agenda zu diskutieren oder Themen zu fördern, die einem selbst am Herzen lägen. "Das bischöfliche Amt leistet einen wichtigen Dienst, aber dann müssen wir all dies in den Dienst der Kirche stellen – in diesem synodalen Geist, der einfach bedeutet, dass wir alle zusammen gehen und gemeinsam suchen, was der Herr in dieser unserer Zeit von uns verlangt." Wie Leo XIV. das als neuer Bischof von Rom interpretiert, könnte sich schon in den nächsten Monaten zeigen.

Von Christoph Brüwer