Louisa Pötter über das Sonntagsevangelium

Die vielleicht beste Form des Glaubenszeugnisses

Veröffentlicht am 31.05.2025 um 12:15 Uhr – Lesedauer: 
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Osnabrück ‐ Die gleiche Liebe, mit der Gott Jesus liebt, gilt auch uns – was für eine Zusage im Sonntagsevangelium! Louisa Pötter überlegt, wie die Annahme dieses unfassbaren Geschenks unsere Herzen, unsere Gemeinden und unsere Welt verwandelt könnte.

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Es gibt Momente, da fühlt man sich einfach falsch. Du bist in einem Raum, aber irgendwie doch nicht wirklich dabei. Du sprichst, aber es hört niemand richtig zu. Vielleicht kennst du dieses Gefühl: als wärst du zu viel – oder nicht genug. Und manchmal fragt man sich, ob man überhaupt gesehen wird. Ob man zählt. Ob man wirklich gemeint ist, wenn von "Liebe" und "Zugehörigkeit" die Rede ist.

Mitten in diese leisen Zweifel hinein spricht Jesus im Johannesevangelium. Kurz vor seiner Verhaftung betet er – und in diesem Gebet denkt er nicht nur an seine Freund*innen, sondern an alle, die irgendwann an ihn glauben werden. Auch an dich. Er sieht dich, auch wenn du dich manchmal übersehen fühlst. Und er spricht aus, was so viele Menschen sich kaum zu hoffen trauen.

Er sagt: "Du hast sie geliebt, wie du mich geliebt hast." (Vers 23) Nicht ähnlich, nicht so ungefähr – sondern genauso. Die gleiche Liebe, mit der Gott Jesus liebt, gilt auch dir.

Das ist kaum zu fassen. Denn diese Liebe ist nicht von Leistung abhängig. Sie misst dich nicht an deinem Aussehen, deinen Erfolgen oder deiner Performance. Sie war schon da, bevor du überhaupt etwas tun konntest – "vor Grundlegung der Welt" (Vers 24). Sie sagt: Du bist nicht wertvoll, weil du perfekt bist – du bist wertvoll, weil du geliebt bist.

Gleichzeitig ist diese Liebe aber nicht nur ein Geschenk, sondern sie gibt uns auch einen Auftrag: Wie wir geliebt werden, so sollen wir auch andere lieben. Bedingungslos. Mutig. Ohne ständig auf den eigenen Vorteil zu schauen. Und das ist ehrlich gesagt manchmal verdammt schwer – gerade dann, wenn Menschen uns verletzten, uns übersehen oder uns nicht zurücklieben. Doch genau hier zeigt sich, wie stark göttliche Liebe in uns wirken kann – wenn wir es zulassen.

Jesus betet, dass durch diese Liebe und Einheit die Welt erkennt, wer er ist. Und vielleicht ist das die beste Form von Glaubenszeugnis: Wenn Menschen durch uns spüren, dass sie nicht erst etwas leisten müssen, um angenommen zu sein.

Diese Liebe verändert. Nicht auf einen Schlag. Aber Schritt für Schritt. Wenn du sie an dich ranlässt. Und wenn du sie weitergibst.

Evangelium nach Johannes (Joh 17,20–26)

In jener Zeit erhob Jesus seine Augen zum Himmel und betete:

Heiliger Vater, ich bitte nicht nur für diese hier, sondern auch für alle, die durch ihr Wort an mich glauben. Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.

Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, damit sie eins sind, wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir. So sollen sie vollendet sein in der Einheit, damit die Welt erkennt, dass du mich gesandt hast und sie ebenso geliebt hast, wie du mich geliebt hast.

Vater, ich will, dass alle, die du mir gegeben hast, dort bei mir sind, wo ich bin. Sie sollen meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast, weil du mich schon geliebt hast vor Grundlegung der Welt.

Gerechter Vater, die Welt hat dich nicht erkannt, ich aber habe dich erkannt und sie haben erkannt, dass du mich gesandt hast. Ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn kundtun, damit die Liebe, mit der du mich geliebt hast, in ihnen ist und ich in ihnen bin.

Die Autorin

Louisa Pötter ist ausgebildete Gemeindereferentin und arbeitet derzeit als Referentin für interne Kommunikation im Bischöflichen Generalvikariat des Bistums Osnabrück. Dort ist sie unter anderem für das Intranet verantwortlich.

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