Tradition seit dem 11. Jahrhundert

1.800 Reiter bei Blutritt in Weingarten – "Ein Fest, das man spürt"

Veröffentlicht am 31.05.2025 um 09:12 Uhr – Lesedauer: 

Weingarten ‐ Bei Europas größter Reiterprozession dreht sich alles um eine geheimnisvolle Reliquie. 2025 begleiteten hochrangige politische Gäste und eine Predigt des Speyerer Bischofs den traditionellen Blutritt in Weingarten.

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Beim traditionellen Blutritt sind am Freitag 1.841 Reiterinnen und Reiter durch Weingarten und die umliegenden Fluren gezogen. Tausende Gläubige und Besucher säumten die Straßen, wie die Stadt Weingarten am Freitag mitteilte. In der Nachbarstadt von Ravensburg begleiteten Hunderte Musikerinnen und Musiker die 96 Blutreitergruppen.

Der diesjährige kirchliche Festgast, der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann, verfolgte demnach den Blutritt vom Balkon des Rathauses aus, während der baden-württembergische CDU-Landesvorsitzende Manuel Hagel selbst hoch zu Ross teilnahm. "Der Blutfreitag ist kein Fest, das man mal so einfach besucht", wird Hagel zitiert. "Der Blutfreitag ist ein Fest, das man spürt – mit jedem Hufschlag, mit jedem Schritt und mit jedem Gebet. Ein echtes Glaubenszeugnis, das lebendig ist." Hagel hatte sich der Blutreitergruppe Kirchbierlingen-Ehingen angeschlossen. Als weiterer Ehrengast erlebte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) die Prozession vom Rathaus aus mit.

Die Tradition des Blutritts reicht ins 11. Jahrhundert zurück, als das Kloster Weingarten Teile einer Heilig-Blut-Reliquie aus dem italienischen Mantua bekam. Sie enthält der Legende nach mit dem Blut Christi vermischte Erde. Die Veranstaltung am Freitag nach Christi Himmelfahrt ist mit bis zu 2.500 Reitern in Frack und Zylinder, mehr als 100 Musikgruppen und Tausenden Zuschauern die größte Reiter-Prozession Europas. Während der Corona-Pandemie fand der Blutritt allerdings ohne Zuschauer und mit nur wenigen Reitern statt.

Segen vom Pferd aus

Am Freitag hatte Bischof Wiesemann morgens um 7.00 Uhr die Heilig-Blut-Reliquie an Ortspfarrer Ekkehard Schmid übergeben, der mit ihr vom Pferd aus Menschen, Tieren und der Natur den Segen spendete. Zeitgleich setzte sich am Fuße der Basilika die Reiterprozession in Bewegung.

Bereits am Abend von Christi Himmelfahrt habe der Speyerer Bischof in seiner Festpredigt die Menschlichkeit als einzig wirksames Mittel gegen die Spaltung der Gesellschaft, das Erstarken von Autokraten und einen "Machbarkeitswahn der Tech-Milliardäre" benannt, hieß es. Das Christentum sei "eine ganz auf die Universalität der Menschlichkeit, der Urverbundenheit aller, angelegte Religion, auch wenn wir Christen in unserer Geschichte dagegen so häufig gesündigt haben", betonte der Bischof. Er erteilte allen, die die Religion völkisch vereinnahmen wollen, eine Absage. (KNA)