Ökonomen fordern Streichung zur Ankurbelung der Wirtschaft

Begehrlicher Blick auf den Pfingstmontag – Kann der Feiertag weg?

Veröffentlicht am 07.06.2025 um 00:01 Uhr – Von Andreas Otto (KNA) – Lesedauer: 

Bonn ‐ Arbeiten statt Abhängen: Wirtschaftsverbände wollen den deutschen Festkalender auf den Prüfstand stellen – samt kirchlicher Feiertage. Besonders wolle man den Pfingstmontag kippen. Doch nicht nur die Kirchen sehen das kritisch.

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Alle Jahre wieder kommt der Pfingstmontag – und damit die Debatte, ob der arbeitsfreie Feiertag nicht abgeschafft werden sollte. Vertreter der Wirtschaft drängen darauf, den deutschen Festkalender auf den Prüfstand zu stellen – samt kirchlicher Feiertage. Diese scheinen angesichts der rückläufigen Zahl der Christen zur ökonomischen Manövriermasse geworden zu sein. Doch Gegenwind erfahren die Kürzungspläne nicht nur seitens der Kirchen.

Angesichts der schwächelnden Wirtschaft forderte zuletzt die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) eine höhere Wochenarbeitszeit oder die Streichung von einem oder mehreren Feiertagen. Auch der Verband "Die Familienunternehmer" schloss sich der Forderung an. Es seien immer weniger Menschen Mitglied in einer Kirche, dennoch profitierten alle Menschen vom Festhalten an christlichen Feiertagen, hieß es von dort. Und vbw-Geschäftsführer Bertram Brossardt sagte der "Bild"-Zeitung": "Ostermontag, Pfingstmontag, zweiter Weihnachtsfeiertag – da sind meine Kollegen aus Frankreich und Italien regelmäßig verblüfft, dass wir da freihaben."

Am ehesten böte sich an, den Pfingstmontag zu streichen, so Brossardt. Deutsche Arbeitnehmer arbeiteten im Schnitt 92 Stunden weniger als österreichische und 391 weniger als italienische, hieß es unter Verweis auf Zahlen der Gesellschaft für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Promptes Nein aus der Politik

Unterstützung bekam der Wirtschaftsverband vom Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther. "Die Abschaffung eines Feiertages wäre eine Möglichkeit, die Wirtschaftsleistung sehr kurzfristig und effektiv zu erhöhen", sagte er der Funke Mediengruppe. Ein zusätzlicher Arbeitstag würde das Bruttoinlandsprodukt um bis zu 8,6 Milliarden Euro erhöhen. Hüther erinnerte daran, dass schon einmal ein gesetzlicher Feiertag abgeschafft wurde: der Buß- und Bettag in allen Bundesländern außer Sachsen im Jahr 1995 zur Finanzierung der Pflegeversicherung. "Mehr Arbeit ist also möglich, wenn man es will", so der Ökonom.

So aber wie aus Bayern die jüngste Forderung nach einer Feiertagsstreichung kam, so folgte von dort auch ein ebenso promptes Nein: "Der Pfingstmontag wird auch in Zukunft ein gesetzlicher Feiertag sein", stellte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) klar.

Bild: ©picture alliance/dpa | Marius Becker

"Die Streichung eines Feiertags halte ich hingegen weder für prioritär noch für gesellschaftlich akzeptiert", so Liminski.

Ein ähnliches Signal kommt aus Nordrhein-Westfalen. Zwar sei es richtig, alle Ideen zur Ankurbelung der Wirtschaft auszuloten, sagte Staatskanzlei-Chef Nathanael Liminski (CDU) der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Priorität hätten hier aber beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren, niedrigere Energiekosten oder die Förderung von Innovationen und Investitionen. "Die Streichung eines Feiertags halte ich hingegen weder für prioritär noch für gesellschaftlich akzeptiert", so Liminski.

Warnung vor Kulturverlust

Ins gleiche Horn stößt der Bund Katholischer Unternehmer (BKU). "Kirchliche Feiertage wie Pfingsten sind nicht nur arbeitsfreie Tage, sondern Ausdruck der christlichen Prägung unseres Landes", schrieb der Bundesvorsitzende Martin Nebeling im "Focus". Diese Prägung habe zum Zusammenhalt und zum Erfolg der Sozialen Marktwirtschaft in der Bundesrepublik beigetragen. Wer Feiertage streiche, nehme einen Kulturverlust in Kauf und helfe der Wirtschaft nicht. Denn ein zusätzlicher Arbeitstag leiste keinen nennenswerten Beitrag. Notwendig sei vielmehr ein wirtschaftspolitischer Kurswechsel – mit Bürokratieabbau, Senkung der Staatsausgaben, Reform der Sozialkassen und "mehr wirtschaftlichen Sachverstand im Wohnungsbau, im Gesundheitswesen und in der Energiepolitik".

Ablehnung kommt nicht zuletzt von den Gewerkschaften. "Ein gestrichener Feiertag für die Beschäftigten wird die Wirtschaft nicht entfesseln", so Vorstandsmitglied Anja Piel auf der Plattform X: "Feiertage sind eben kein Luxus, sondern wichtiger Bestandteil unserer Arbeitskultur; sie tragen zur Erholung der Beschäftigten und damit auch zur Produktivität bei."

Umfrage zeigt klare Ablehnung

Dabei verweist sie – ausgerechnet – auf Bayern. Es habe in seinen katholischen Gebieten mit 13 die meisten gesetzlichen Feiertage in Deutschland. Dennoch liege das Bruttoinlandsprodukt dort deutlich über dem Durchschnitt der anderen Bundesländer und nach Hamburg auf Platz zwei.

Große Zustimmung in der Bevölkerung kann man mit dem Ruf nach Streichung von Feiertagen erwartungsgemäß nicht erreichen: In einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov sprachen sich 75 Prozent gegen die Streichung des Pfingstmontags aus. 73 Prozent sehen die Abschaffung von Feiertagen grundsätzlich nicht als richtigen Weg, um die Wirtschaftskraft eines Landes zu erhöhen. 75 Prozent sind der Meinung, dass Feiertage etwa durch erhöhten Tourismus oder Gaststättenbesuch zu mehr Konsum führen und somit die Wirtschaft stärken.

Von Andreas Otto (KNA)