Beschwerde wurde von Kirchenbehörde nicht bearbeitet

Vorwurf zu Umgang mit Missbrauch gegen neue anglikanische Erzbischöfin

Veröffentlicht am 15.12.2025 um 13:07 Uhr – Lesedauer: 

London ‐ Im Januar tritt Sarah Mullaly als erste Frau ihr Amt als Erzbischöfin von Canterbury an. Nun sind alte mutmaßliche Versäumnisse im Umgang mit Missbrauch aufgetaucht. Die anglikanische Kirche und die künftige Erzbischöfin kündigen Aufklärung an.

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Eine Beschwerde zum Umgang mit einem Missbrauchsfall gegen die ernannte Erzbischöfin von Canterbury, Sarah Mullally, wurde nicht angemessen behandelt. Die Kirche von England räumte in einer Ende der Woche veröffentlichten Stellungnahme Fehler ein. "Aufgrund von Verwaltungsfehlern und einer falschen Annahme hinsichtlich der Wünsche der betroffenen Person wurde die Beschwerde nicht weiterverfolgt und nicht angemessen bearbeitet." Die künftige Erzbischöfin war zum Zeitpunkt Bischöfin von London. Sie habe aber keine Kenntnis von der Angelegenheit gehabt, "da das Verfahren nie das Stadium erreichte, in dem sie über die Beschwerde oder deren Inhalt informiert worden wäre", so die Stellungnahme weiter. 

Mullally selbst betonte in ihrer Stellungnahme, dass der Betroffene durch die Prozesse in der Kirche von England im Stich gelassen worden sei. "Während seine Missbrauchsvorwürfe gegen ein Mitglied des Klerus von der Diözese London vollständig behandelt wurden, ist es offensichtlich, dass eine andere Beschwerde, die er anschließend im Jahr 2020 gegen mich persönlich vorbrachte, nicht ordnungsgemäß behandelt wurde." 

Künftige Erzbischöfin will klare Prozesse für Umgang mit Missbrauch 

Die künftige Erzbischöfin werde sich in ihrem neuen Amt dafür einsetzen, dass die Prozesse verbessert werden und jede Beschwerde umgehend und angemessen behandelt werde. "Die Verfahren der Kirche müssen sich ändern, sowohl für die Beschwerdeführer als auch für die Geistlichen, gegen die Beschwerden vorgebracht werden. Heute gehöre ich zu diesen Geistlichen", so Mullally weiter. Als Erzbischöfin von Canterbury werde sie alles in ihrer Macht Stehende tun, um die dringend notwendige und längst überfällige Reform voranzutreiben. "Wir müssen Vertrauen in unsere Systeme haben, sonst können wir nicht erwarten, dass andere uns ihr Vertrauen schenken." 

Die Beschwerde wirft Mullally laut der Zeitung "Times" vor, dass sie entgegen der vorgesehenen Verfahren zum Umgang mit Missbrauchsvorwürfen als Bischöfin direkt mit dem beschuldigten Geistlichen in Kontakt getreten sei. Die Beschwerde sei beim zuständigen Erzbistum Canterbury eingereicht worden, dann aber nicht weiter bearbeitet worden. Anscheinend hatte die Kirche angenommen, dass der Beschwerdeführer seine Beschwerde nicht weiter verfolgen wolle, nachdem er keine weiteren Unterlagen eingereicht habe. Auf eine Bestätigung, dass die Beschwerde zurückgezogen sei, sei verzichtet worden. Erst durch Medienberichterstattung sei die Erzdiözese nun darauf aufmerksam geworden. 

Die Beschwerde gegen Mullally wird nun in Canterbury daraufhin geprüft, ob sie ein Fall für die Disziplinarordnung der Kirche von England ist. Die Entscheidung darüber trifft der Erzbischof von York, Stephen Cottrell. Je nach Bewertung kann er das Verfahren einstellen oder ein Disziplinarverfahren einleiten. Mullally tritt ihr Amt als Erzbischöfin von Canterbury im kommenden Januar an. Sie wird die erste Frau in der mehr als 1.400-jährigen Geschichte des Amtes sein. Sie ist seit 2018 Bischöfin von London. (fxn)