Standpunkt

Die Kirche könnte sich über die Klöckner-Äußerungen freuen

Veröffentlicht am 01.05.2025 um 00:01 Uhr – Von Volker Resing – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die neue Bundestagspräsidentin hat mit ihren Äußerungen zu kirchlichen Stellungnahmen für Entrüstung gesorgt. Volker Resing sieht in den Reaktionen viel Fehlinterpretation. Denn Julia Klöckner drücke vor allem eines aus, kommentiert er.

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Julia Klöckner hat über ihre Kirche gesprochen und die Aufregung ist anhaltend groß. Doch was ist wirklich passiert? In einem Interview erklärte die neue Bundestagspräsidentin, dass sie die Kirche in ihren Stellungnahmen manchmal für "austauschbar" oder "zu beliebig" hält, wenn diese sich zu tagesaktuellen Themen verhalte "wie eine NGO". Klöckner sagt, selbstverständlich könne und dürfe die Kirche sich auch "zu Tempo 130 äußern“. Aber sie persönlich erwarte, "mehr an Sinnstiftung und Seelenbegleitung".

Die Äußerungen haben nun einen polyphonen Sturm der Entrüstung ausgelöst, auch im Raum der Kirche. Die Kirche und das Christentum seien immer politisch und müssten es auch sein. Eine kaum verhohlene "Anpassung an die AfD", will ein Theologe hingegen bei Klöckner erkennen. Sie wolle Freiheitsrechte einschränken, die Kirchen zusammen mit anderen Organisationen der Zivilgesellschaft unter Generalverdacht stellen.

Doch wie soll man das alles aus den Äußerungen heraus lesen? Statt eine Debatte anzufangen, scheint sich doch hier durch Missverständnisse und Fehlinterpretationen eine Beziehungskrise zwischen eben kirchennahen Politikern und der Kirche sich zu verschärfen. In den Äußerungen von Klöckner drückt sich doch vor allem eines aus: ihr Interesse an ihrer Kirche – und das ist gar nicht mehr so verbreitet.

Der Paderborner Erzbischof Udo Markus Bentz erklärt im Interview mit der Herder Korrespondenz: "Ich lasse mir von niemandem einen Maulkorb verpassen, egal zu welchem Thema." Da hat er vollkommen recht. Wer wollte dies auch tun? Nur Kritik müssen sich eben alle wechselseitig gefallen lassen, sie müssen sie sogar freudig begrüßen.

Der Austritt der früheren CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer aus dem ZdK aus Frust über mangelnde Dialogfähigkeit und Meinungspluralität in Gremien sollte doch eine Mahnung sein. Wie wäre es, Katholische Akademien würden jetzt Julia Klöckner einladen und in die Diskussion gehen? Übrigens gibt es im neuen Kabinett von Friedrich Merz auch noch einige engagierte katholische Mitglieder. Mal schauen, wie groß die Neugierde auf eine fruchtbare Auseinandersetzung sein wird, etwa mit dem katholischen Kulturstaatsminister Wolfram Weimer.

Von Volker Resing

Der Autor

Volker Resing leitet das Ressort "Berliner Republik" beim Magazin "Cicero".

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.