Leo XIV. muss sich gegen Despoten positionieren
HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
"J.D. Vance is wrong!" Leo XIV. hat als Bischof und Kardinal sowohl Trump als auch Vance kritisiert und er wird es als Papst wieder tun. Viele hoffen, dass er sich auf der Grundlage der Botschaft Jesu für Frieden und Gerechtigkeit und gegen skrupellose Despoten positionieren wird. Es könnte ihm – ähnlich wie Bischöfin Budde – gelingen, Menschen in den USA und weltweit den Rücken zu stärken. Verbündete wird er auch unter denen finden, die seine religiösen Überzeugungen nicht teilen. Fehlender Glaube führt nicht automatisch zu einem Mangel an Barmherzigkeit!
In seiner ersten Predigt sprach er über die Kirche und er tat es in Bildern. Stadt auf dem Berg und Leuchtturm soll sie werden und eine Arche in den Wogen der Geschichte. Er selbst soll Brückenbauer sein - so liest man in Kommentaren aus unterschiedlichen kirchlichen Kreisen. Schöne Bilder, aber wie sieht die Realität aus? Wie viele Menschen erleben Kirche gerade nicht als Safe Space, sondern fühlen sich und sind ausgegrenzt, vereinnahmt, kleingemacht, spirituell bedrängt und/oder auf unterschiedliche Art und Weise missbraucht? Wird der neue Papst auch diese dunklen Seiten des Systems Kirche und ihrer Geschichte ernst nehmen? Sein Namensvorgänger Leo XIII. war nicht nur der Autor einer bedeutenden Sozialenzyklika. Er war auch der unmittelbare Nachfolger eines Papstes (Pius IX.), der einen antiliberalen Katholizismus und ein entsprechendes Papsttum erfunden hat. Heutige Anhänger dieser Richtung haben dem neuen Leo bereits begeistert gratuliert – unter anderem die rechtskatholische Organisation TFP (Tradition, Familie, Privateigentum). Vermutlich kennen sie seine kulturkämpferischen Äußerungen zu Abtreibung, Euthanasie und queeren Lebensweisen aus dem Jahr 2012.
Wird Leo XIV. seine eigene Kirche kritisch hinterfragen? Wird er sich abgrenzen gegen neo-identitäre Netzwerke in ihr, die die Unterwerfung des Staates unter die direkte Autorität der katholischen Kirche fordern? Fatal wäre, wenn Leo XIV. ein Brückenbauer in alle Richtungen sein wollte, ohne Bereitschaft, sich klar gegen Rechtskatholizismus zu positionieren. Wird er in diesem Kontext den Mut haben, zu sagen: "You are wrong!", vielleicht sogar: "We have been wrong."
Die Autorin
Regina Nagel ist Vorsitzende des Gemeindereferent*innen-Bundesverbands und verantwortliche Redakteurin der Verbandszeitschrift "das magazin". Sie ist Mitherausgeberin eines Buchs zu spirituellem Missbrauch an Frauen in der katholischen Kirche (Selbstverlust und Gottentfremdung, Patmos 2023).
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.