Bei allen Sparzwängen der Kirche – bitte nicht kaputtsparen!
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Es gibt Aufgaben, die kann man eigentlich nicht wollen. Das Papstamt gehört sicherlich dazu, es ist de facto eine institutionalisierte Überforderung. Ein Aspekt dürfte für Leo XIV. eine zusätzliche Belastung darstellen, da er dem Vernehmen nach in ein gähnendes Finanzloch von zwei Milliarden Euro blickt. Aber nicht nur der Vatikan ist klamm bei Kasse, auch in den deutschen Ordinariatsetagen machen sich lange Gesichter breit, kommen doch in den kommenden Jahren massive Sparzwänge auf die bis dato wohl situierte(n) Kirche(n) zu. Schwindende Mitgliederzahlen führen zu schwindenden Kirchensteuereinnahmen, bei der die Inflation noch das Ihrige beiträgt. Es ist ein Teufelskreis: Eingesparte Kirchorte führen zu ausfallender Präsenz, was wiederum die Gewinnungsmöglichkeiten neuer Mitglieder minimiert.
Es wäre indes fatal, führte lediglich das Interesse kirchlicher Binnenselbsterhaltung Regie über den Rotstift. Dabei steht nämlich die Gefahr im Raum, dass wesentliche Aspekte gesellschaftlicher Relevanz des Kirchlichen zuerst weggespart werden. Diese sind nicht medientauglich, taugen aber für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, die solidarischen Dimensionen gegen die globalisierte Gleichgültigkeit oder die Bildungsnotwendigkeit gegen populistische Verzerrungen. Es bereitet Anlass zu Sorge, wenn Schulen in kirchlicher Trägerschaft, katholische Bildungshäuser und Akademien, Ausbildungseinrichtungen für den Pflegesektor oder der Sozialarbeit zur Disposition gestellt werden. Ähnliches gilt für Institutionen der akademischen Theologie, die nicht zuletzt Orientierungswissen angesichts religiöser oder weltanschaulicher Unübersichtlichkeit in zunehmend polarisierte Gesellschaften bereitstellt. Der Output wird zwar nicht automatsch in neuen Kirchensteuerzahler*innen bestehen, sondern ist ein auf das Gemeinwohl bedachtes Engagement, das breiter aufgestellt ist als eine enggeführte Neuevangelisierung.
Papst Leo lehrt auf seinen letzten Namensvorgänger zu blicken: Leo XIII. gilt als Papst der sozialen Frage. Er initiierte die Soziallehre der Kirche, deren Grundeinsichten wahrlich dazu taugen, die Regie über den Rotstift zu übernehmen. Bei jeder Nennung von Leo im Hochgebet möge dies eine Mahnung sein, damit man sich die Kirche nicht kaputtspart.
Der Autor
Oliver Wintzek ist Professor für Dogmatik und Fundamentaltheologie an der Katholischen Hochschule in Mainz. Zugleich ist er als Kooperator an der Jesuitenkirche in Mannheim tätig.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.