Kasper: Benedikt XVI. und Sarah intervenierten bei Franziskus-Reformen
Nach Einschätzung von Kardinal Walter Kasper wollte Papst Franziskus beim Thema Zölibat und dem Zugang zum Priesteramt Lockerungen vorantreiben, aber auch keinen Bruch oder Riss der katholischen Kirche riskieren. "Meine Einschätzung ist, dass Franziskus durchaus etwas ändern wollte, aber der emeritierte Papst Benedikt hat damals zusammen mit Kardinal Robert Sarah erfolgreich interveniert", sagte Kasper in einem Interview der Juniausgabe des Magazins "Cicero" (Donnerstag).
Die Stellung von Frauen in der Gesellschaft und in der Kirche ist nach Ansicht des Kardinals zu "einem Megathema" geworden. Und es müsse dringend weiter diskutiert werden, sagte der 92-Jährige. In zahlreichen Ortskirchen und auch in Rom habe sich vieles getan, und Frauen übernähmen Aufgaben, die zuvor nur Klerikern erlaubt waren, so Kasper.
Papst könne nicht allein entscheiden
Zugleich erinnerte er an die Rolle des Papstes in dieser Frage: "Es ist freilich falsch, zu meinen, der Papst könne, wenn er nur wolle, allein entscheiden, ob in Zukunft auch für Frauen der Zugang zum Priesteramt möglich ist." Für solche grundlegenden Fragen brauche der Papst einen globalen, theologisch begründeten moralischen Konsens in der Gesamtkirche, sagte der Kardinal. "Ein solcher Konsens ist nicht nur unter den Bischöfen, sondern auch unter den Gläubigen und Theologen nicht absehbar." Auch in Deutschland gebe es weiter Zustimmung wie Ablehnung.
Bei der Frage der Homosexualität hat sich aus Sicht Kaspers in der westlichen Welt in den vergangenen Jahrzehnten ein Wandel vollzogen, der weitgehend zum Respekt unterschiedlicher Orientierungen geführt habe. "Dies hat sich aber weder in der katholischen Kirche im Westen noch in anderen Kulturen durchgesetzt", meinte der Kardinal. Als Beispiel nannte er die afrikanische Kirche. Dort sei das Thema der Vielehe viel virulenter. Die Kirche müsse diese Spannungen aushalten. Sie müsse sich der Moderne stellen, aber nicht unreflektiert dem Zeitgeist anpassen.
Kasper sieht Mängel beim Synodalen Weg
Der Synodale Weg der katholischen Kirche in Deutschland nimmt nach Ansicht Kaspers entgegen seines Anspruchs nicht alle mit. "Unter diesem Gesichtspunkt ist der Synodale Weg eben keine Synode, kein gemeinsames Miteinandergehen", sagte er. Er bestreite dabei weder das synodale Prinzip noch die Reformbedürftigkeit der Kirche, so der Kardinal. Es brauche einen Neuanfang. Aber eine erneuerte Kirche könne keine neue Kirche sein, sagte der 92-Jährige. Die Kirche stehe im Fluss der Tradition. "Die Kirche kann man nicht erneuern, wenn man mit der Reform der Strukturen anfängt. Natürlich brauchen wir auch strukturelle Erneuerung, aber diese muss aus einer inneren geistlichen Erneuerung kommen."
Das den Reformprozess mittragende Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) habe sich als Sprachrohr in die Gesellschaft und Politik hinein große Verdienste erworben. "Dazu sollte es gerade heute dringend zurückkehren", so Kasper. Bei Glaubensfragen dürften aber die breite kirchliche Basis und die Stimme der anderen Ortskirchen nicht übergangen werden. "Da ist einiges schiefgelaufen. Wir Deutschen meinen oft, wir könnten das allein und den anderen sagen, wo es langgehen soll", so Kasper. Der 92-Jährige ist emeritierter Kurienkardinal und ehemaliger Präsident des Päpstlichen Rats zur Förderung der Einheit der Christen. (tmg/KNA)
21.5., 14:37 Uhr: Ergänzt um Synodalen Weg.