Kinderheime im Bistum Speyer bitten für Missbrauch um Vergebung
Drei Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe in der Diözese Speyer haben um Vergebung für Missbrauchstaten in Kinderheimen des Bistums in der Vergangenheit gebeten. In der am Donnerstag herausgegebenen gemeinsamen Erklärung reagierten sie damit auf die am 8. Mai veröffentlichte erste Missbrauchsstudie für das Bistum für den Zeitraum ab 1946.
Als einen "Hotspot" für Übergriffe hatte die Untersuchung kirchliche Heime sowie Internate für Kinder und Jugendliche in den 1950er und 1960er Jahren bezeichnet. Dort hätten Kleriker und andere Berufsgruppen jahrelang ein "Betriebsklima" vorgefunden, "das sexuelle Übergriffe erleichterte", sagte die Mannheimer Historikerin und Studienleiterin Sylvia Schraut.
Die Leitungen des Jugendwerks Sankt Josef in Landau-Queichheim, des Nardinihauses in Pirmasens und des Caritas-Förderzentrums Nikolaus von Weis in Landstuhl erklärten nun: "Wir bitten für die schrecklichen Versäumnisse und Untaten, die in der Vergangenheit geschehen sind, um Verzeihung. Wir bitten um Vergebung bei allen Betroffenen, die in unseren Einrichtungen in der Vergangenheit Unrecht und Leid erfahren haben." Es werde deutlich, "dass Menschen, die den Schutz von Kindern zur wichtigsten Aufgabe hatten, nicht nur versagt haben, sondern manche unter ihnen selbst zu Beschuldigten wurden – weil sie Taten verübt, weggeschaut oder vertuscht haben".
"Strenge Hierarchien"
Die Studie sieht für die beiden Nachkriegsjahrzehnte jeweils "parallele Strukturen, die sexuellen Missbrauch und Vertuschung begünstigten". Die Heimleitungen und die Erzieherinnen standen demnach für "strenge Hierarchien". Auf eine einzelne Person sei eine Fülle an Befugnissen konzentriert gewesen, was in den Heimen ein massives Machtgefälle geschaffen habe – mit drastischen Strafen für vermeintliches Fehlverhalten. "Die Kinder und Jugendlichen waren dem System von Willkür und Autorität vollkommen ausgeliefert und hatten keine Chance, dagegen anzukommen", heißt es in der Studie.
Beim Lesen der Studie werde deutlich – so die amtierenden Heimleitungen –, dass in der Vergangenheit den Kindern nicht geglaubt worden sei. "Es wurde nicht wahrgenommen, welch erschütterndes Leid den Kindern und Jugendlichen zugefügt wurde." Die heutigen Leitungen betonen: "Wir nehmen die Studie sehr ernst." Man werde "interne Prozesse anstoßen, wie wir mit den Untaten der Vergangenheit umgehen werden". Die Heime sichern demnach "im Umgang mit allen Formen von Gewalt und Übergriffigkeit insbesondere sexualisierter Gewalt Transparenz zu".

"Ich kann nur aus ganzem Herzen um Vergebung bitten", so Bischof Karl-Heinz Wiesemann.
Neben der "zeitnahen" Bearbeitung der Anträge zur Anerkennung des Leids sicherten die Heime Betroffenen die Möglichkeit zu, ihre Akten an einem von ihnen gewünschten Ort einzusehen. Die institutionellen Schutzkonzepte würden auf Grundlage der Ergebnisse der 473-seitigen Studie erneut angepasst. Der seit 2008 amtierende Bischof der Diözese, Karl-Heinz Wiesemann, hatte sich nach dem Lesen der Studie ebenfalls erschüttert gezeigt und gesagt: "Ich kann nur aus ganzem Herzen um Vergebung bitten."
Die Unabhängige Aufarbeitungskommission des Bistums hatte die Universität Mannheim im April 2023 beauftragt, zu sexuellem Missbrauch durch katholische Priester, Diakone, Ordensangehörige und Mitarbeiter des Bistums im Zeitraum ab 1946 zu forschen. Die Uni kündigte an, nach der jetzigen Analyse von Missbrauchsstrukturen einen zweiten Bericht im Jahr 2027 zu veröffentlichen. Darin soll es um detaillierte Fallanalysen gehen.
Unterdessen hat die Aufarbeitungskommission einen neuen Vorsitz: Einstimmig wurden der ehemalige Kriminalbeamte und Landtagsabgeordnete Wolfgang Schwarz als Vorsitzender und die Neurologin und Psychotherapeutin Gerburg Zech als seine Stellvertreterin gewählt, wie die Kommission am Donnerstag mitteilte. Die Funktionen waren vakant, da die früheren Vorsitzenden wegen beruflicher und persönlicher Gründe im Sommer 2024 ausgeschieden waren. (KNA)