Orientiert sich der neue Papst an Franziskus oder Benedikt?

Kardinal Czerny: Leo XIV. sendet keine verschlüsselten Botschaften

Veröffentlicht am 26.05.2025 um 12:07 Uhr – Lesedauer: 

Washington ‐ An Zeichen und Gesten versuchen manche Beobachter zu deuten, ob sich Papst Leo XIV. eher an Franziskus oder Benedikt orientiert. Kurienkardinal Michael Czerny will da nicht so viel hineininterpretieren: Leo mache Gesten "je nach Situation".

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Kurienkardinal Michael Czerny sieht etwa bei der Kleiderwahl von Papst Leo XIV. bei seiner ersten Ansprache keinen Hinweis darauf, ob er sich an Franziskus oder an Benedikt XVI. orientiert. "Ich glaube nicht, dass er die Art von Mann ist, der verschlüsselte Botschaften sendet", sagte der Leiter des vatikanischen Entwicklungsdikasteriums in einem am Freitag veröffentlichten Interview des US-Jesuiten-Magazins "America" (Freitag). Bei dem Tragen der Mozetta etwa handle es sich um eine individuelle Entscheidung, die er "je nach Situation" treffe.

In diesem Fall könne man das als eine versöhnliche Geste an diejenigen deuten, die mit Franziskus unzufrieden waren. Dagegen könnten die anderen "lesen oder sehen, dass er eindeutig auf der Linie von Franziskus ist". Beobachter hatten nach dem ersten Auftritt von Leo auf der Mittelloggia des Petersdoms gemutmaßt, dass sich Leo durch das Tragen der Mozetta von Franziskus absetzen möchte, der seinerzeit auf sie verzichtet hatte.

Zeichen an Kurie?

Den geplanten Einzug des Papstes in den Apostolischen Palast sieht Czerny vor allem vor dem Hintergrund der Kurienreform, die Franziskus eingeleitet hatte und Leo XIV. zu Ende führen werde. "Ein Beitrag dazu ist ein Akt der Annäherung oder der Vertrautheit." Leo fühle sich in der Kurie wohler, als Franziskus das getan habe. "Er möchte mit der Kurie zusammenarbeiten, und er möchte, dass die Kurie mit ihm zusammenarbeitet." Im Palast zu leben, sei eine Art, das auszudrücken.

Czerny geht davon aus, dass Leo XIV. das Prinzip des Zuhörens in der Kirche noch stärker machen werde als Franziskus. Auch werde er sich wie sein Vorgänger für die politischen und wirtschaftlichen Fragen der Zeit einsetzen. Er werde dabei aber nicht so "aktivistisch" sein wie Franziskus. Der Jesuit Czerny war unter den 133 Kardinälen, die am Konklave teilgenommen hatten. (mal)