Standpunkt

Unverbindlich Mitberaten genügt nicht für überzeugende Synodalität

Veröffentlicht am 02.06.2025 um 00:01 Uhr – Von Felix Neumann – Lesedauer: 

Bonn ‐ Synodalität ist nicht Demokratie und Parlamentarismus, hört man von Papst Franziskus bis Kardinal Woelki. Ist damit schon alles gesagt? Es braucht nicht nur die Abgrenzung von Demokratie – sondern auch von Monarchie, kommentiert Felix Neumann.

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"Synodalität ist für uns nicht Parlamentarismus, ist für uns nicht möglich im Sinne von Mehrheitsbeschaffungen im demokratischen Sinne", sagte Kardinal Rainer Maria Woelki jüngst in einem Interview. Er machte stattdessen die Unterscheidung zwischen "decision making" und "decision taking" stark, also zwischen dem Beraten von Entscheidungen und der verbindlichen Entscheidung selbst: "Die Hierarchie der Kirche ist damit nicht aufgehoben und abgeschafft."

Damit ist der zentrale Konflikt um das Verständnis von Synodalität benannt: Es geht nicht vordergründig um die Methode von Beratungen. Selbst bei der geistlichen Beratungsform der Weltsynode waren gemeinsam getroffene verbindliche Entscheidungen ausgeschlossen. Im Zentrum steht die Frage nach der Hierarchie und der Autorität in der Kirche. Die Ablehnung von Demokratie und Parlamentarismus in der Kirche, für die auch Papst Franziskus stand, ist keine Ablehnung demokratischer und parlamentarischer Verfahren. Die sind in der Kirche längst etabliert – das konnte man bei der Weltsynode wie jüngst im Konklave sehen, wo nach Geschäftsordnung und mit Mehrheitsentscheidungen vorgegangen wurde. Es geht vielmehr um eine Systemfrage. Demokratie und Parlamentarismus stellen die Frage nach der Autorität: Liegt die Entscheidungskompetenz (mit) beim Kirchenvolk, oder liegt sie (weiterhin nur) bei der Hierarchie?

Nimmt man das Zweite Vatikanische Konzil ernst, ist die Frage entschieden. Die Bischöfe haben "das heilige Recht und vor dem Herrn die Pflicht, Gesetze für ihre Untergebenen zu erlassen, Urteile zu fällen und alles, was zur Ordnung des Gottesdienstes und des Apostolats gehört, zu regeln", und diese Gewalt üben sie persönlich aus. Absolute Monarchie, nicht partizipatorische Demokratie ist die korrespondierende säkulare Herrschaftsform.

Das ist lehramtlich abgesichert. Und dennoch bröckelt die Plausibilität dieser hierarchischen Verfasstheit. In der säkularen Welt hat sich die Demokratie als jeder Autokratie moralisch und in ihren Ergebnissen überlegen erwiesen. Das strahlt auf die Gläubigen aus, die in der Welt gleichberechtigte Staatsbürger sind. Die Hierarchie selbst hat ihr Übriges dazu getan, ihre Autorität wenn nicht aufzuheben und abzuschaffen, so doch zu untergraben (die Lektüre einer beliebigen Missbrauchsstudie genügt). Für die Gestaltung einer synodalen Kirche braucht es daher mehr als die bloße Abgrenzung von Demokratie, denn diese macht Hierarchie sicher nicht plausibel. Mindestens braucht es zu Woelkis Diktum noch das spiegelbildliche: Synodalität ist für uns nicht Monarchie, für uns nicht möglich im Sinne von Entscheidungen im diktatorischen Sinne. Und das muss mehr sein als nur Beteiligung am "decision making".

Von Felix Neumann

Der Autor

Felix Neumann ist Redakteur bei katholisch.de und stellvertretender Vorsitzender der Gesellschaft Katholischer Publizistinnen und Publizisten (GKP).

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.