Standpunkt

Fronleichnam – was soll das heute eigentlich noch?

Veröffentlicht am 03.06.2025 um 00:01 Uhr – Von Gudrun Lux – Lesedauer: 

Bonn ‐ Braucht es ein Fest wie Fronleichnam heute noch? Gudrun Lux kommentiert, warum das alte katholische Fest trotz aller Fragen und Fremdheit auch heute noch Kraft gibt – und was es heißt, Glauben sichtbar durch die Stadt zu tragen.

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Gerade, als ich einen Stapel Post sortierte, fiel mir die Einladung zum Münchner Stadtfronleichnamsfest in die Hände. Fronleichnam ist in München eine bedeutende Sache, wenngleich die Feierlichkeiten nicht mehr ganz so groß, nicht mehr ganz so prächtig, nicht mehr ganz so beeindruckend sind, wie es früher der Fall gewesen sein muss. So viele Menschen wie alten Aufnahmen zufolge noch vor einigen Jahrzehnten die Straßen säumten und die zentrale Prozession mitgingen, sind heutzutage nur noch bei der CSD-Parade zu sehen.

Aber trotzdem: Fronleichnam ist immer noch etwas Besonderes. Nicht im Dom, nicht hinter verschlossenen Türen und dicken Mauern, sondern mitten auf dem Marienplatz wird die Messe gefeiert. Die Prozession mit dem Allerheiligsten zieht durch das Herz der Stadt, "Tantum ergo" und "Te Deum" erklingen. Glocken, Blumen, Fahnen, Fensterschmuck, großes liturgisches Schauspiel, Trachten und festliche Gewänder, päpstliche Ritterorden in ihren auffälligen Umhängen. Es gibt sogar Pferde, aber nicht für die Ritter, sondern für die Polizei.

Nun gut, dieses Fest scheint doch eigentlich einigermaßen aus der Zeit gefallen. Ein Fest aus dem 13. Jahrhundert, mit einem ziemlich komischen Namen, der kaum noch verstanden wird. Ein Fest, das jahrhundertelang auch als Zeichen der Abgrenzung genutzt und gesehen wurde – Abgrenzung von den Protestanten, der Aufklärung – allerdings auch: vom Nationalsozialismus. Aber was soll das eigentlich heutzutage alles? "Changiert zwischen Feierlichkeit und Lächerlichkeit" kommentierte eine Freundin mal. Eine Menge Tradition und Weihrauch, schöne Bilder, erhebende Musik. War's das?

Was kann dieses Fest uns abseits von Nostalgie oder Befremden heute noch sagen? Ich bin katholisch, manchmal glücklich-katholisch, oft hadernd, zweifelnd, kämpfend. Aber eines ist gewiss: Für uns katholische Christ*innen steht die Eucharistie für die Zusage des Heils Gottes. Indem wir dieses Zeichen nicht für uns in unseren Kirchen behalten, sondern auf die Plätze und Straßen unserer Stadt bringen, zeigen wir: Wir Christ*innen stehen dafür, dass wir das Heil Gottes in die Welt hinaustragen – und mit allen gemeinsam das Gute für diese Stadt suchen. (Vgl. Jer 29,7) Und so kann ich Fronleichnam feiern, auch dieses Jahr wieder mit etwas Nostalgie und etwas Befremden, aber doch ganz als Bestärkung und Zeichen im Hier und Jetzt.

Von Gudrun Lux

Die Autorin

Gudrun Lux ist Stadträtin (Grüne) in München und Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK).

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.