Standpunkt

Pastorale Erfolgsmodelle gibt es nicht nur in der Ferne

Veröffentlicht am 04.06.2025 um 00:01 Uhr – Von Werner Kleine – Lesedauer: 

Bonn ‐ Damit die Kirche wieder wächst, setzen viele Bistümer auf Marketingstrategien und internationale Vorbilder. Doch dafür muss man nicht in die Ferne reisen, meint Werner Kleine. Besser wäre es, dem zu vertrauen, was vor Ort bereits wächst.

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Kennen Sie Deloris Van Cartier? Diese Loungesängerin, die sich als Zeugin eines Mordes in einem Kloster verstecken muss und es ordentlich von Links auf Rechts dreht? Wer kennt sie nicht, die Lieder von Sister Act von "I will follow him" bis "Hail Holy Queen", die die Jugend von der Straße in die Kirche zieht und zum Schluss sogar den Papst fröhlich mitklatschen lässt. So einfach ist im Kino Pastoral. Man muss halt nur die richtigen Lieder singen. Gesagt getan: Chöre von jung bis alt erweiterten ihr Repertoire um den Soundtrack des Kinohits. Der Papst kam trotzdem nicht. 

Offenkundig reicht es nicht, nur Äußerliches zu kopieren, wenn man das Eigentliche übersieht: Deloris ist einmalig. Einmalig auch ihre Art, wie sie dem abgehalfterten Chor eine neue Struktur gibt und die einzelnen Begabungen fördert, ausbildet und stärkt.  

In den (erz-)bischöflichen Strategieabteilungen versucht man hingegen, die Pastoral mit mehr planerische Effizienz und nicht selten marketingstrategischer und unternehmensberaterischer Expertise voranzutreiben, damit die Kirche endlich wieder wächst. Vorbilder gibt es scheinbar genug. Die Megachurches in London, die tausende Jugendliche anzuziehen scheinen, oder die Nativity Church in Baltimore (USA); auch die aktuellen Entwicklungen in Frankreich, wo sich in diesem Jahr 17.000 Erwachsenen taufen ließen – Rekord! Schließlich die Basisgemeinden in den Philippinen. Überall dorthin reist man, um zu lernen. Man will nicht kopieren, sondern kapieren! Aber was kapiert man denn? 

Was alle Erfolgsmodelle, bei denen manche vielleicht doch auch einer kritischen Reflexion zu unterziehen wären, eint, ist ein ehrenamtliches Engagement an der Basis, das nicht klerikal eingehegt, sondern gefördert wird. Und es gibt Persönlichkeiten, die man charismatisch nennen mag, die auf jeden Fall eine Vision haben, die auch gegen Widerstände umgesetzt wird. Ob man dazu in die Ferne reisen muss? Das gibt es doch auch in Oldenburg, Rosenheim und Leverkusen. Man muss nur hinschauen und Dinge zulassen – und vielleicht die Mittel vor Ort investieren, die man sonst für aufwändige Reisen zu pastoralen Projekten in der Ferne verschwendet.  

Von Werner Kleine

Der Autor

Dr. Werner Kleine ist Pastoralreferent im Erzbistum Köln und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.